Wozu zahle ich Kirchensteuer?

Christina Fernández
Symbolbild Kirche und Geld
© epd-bild/Jens Schulze

Sehr geehrter Herr Muchlinsky,

ich zahle seit Jahren Kirchensteuer, ohne zu wissen wofür.
Natürlich gibt es im Netz Aufstellungen darüber, wie viel Prozent der Kirchensteuer wofür verwendet werden. Aber meine Frage ist: Was genau habe ich davon?
Für etwa 40 Euro im Monat scheint es mir wie eine teure Club-Mitgliedschaft, nur dass ich die Leistungen gar nicht kenne.
Ich gehe nicht in die Kirche, mein Kind geht nicht in einen evangelischen Kindergarten (wird auch später keinen Reli-Unterricht mitmachen), und ich habe auch nur standesamtlich geheiratet. Also mal ganz ehrlich: Welche Leistungen bringt die Kirche mir persönlich oder meiner Familie?
Die wenigen Male, wo wir in die Kirche gehen, weil z.B. vom Kindergarten aus ein schönes Martinsfest in der Kirche gefeiert wird, wird mir hinterher auch noch der Klingelbeutel präsentiert... Da fühle ich mich als Kirchenmitglied veräppelt. Ich mein, hochgerechnet aufs Jahr hat mich der Martinsfestspaß ca. 500 Euro gekostet, da es die einzige kirchliche Veranstaltung war, die ich 2016 besucht
habe.

Mit freundlichen Grüßen
Christina Fernández

Liebe Frau Fernández,

Ihre Kirchensteuer wird für die Aufgaben ausgegeben, die sich die Kirche selbst gestellt hat. Dabei gibt es vier Hauptbereiche und Richtungen, in die das Geld fließt. Alle vier Bereiche sind – so ist es christliche Überzeugung – Aufträge Gottes an seine Kirche (nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Welt). Die vier Richtungen sind: Gemeinsame Feier des Gottesdienstes, Verkündigung, Nächstenliebe und Gemeinschaft der Christinnen und Christen untereinander.

Bei diesen Bereichen sind vor allem die Verkündigung und die Nächstenliebe ausdrücklich nicht nur für die eigene Gemeinschaft gedacht. Mit anderen Worten – und auf das Geld bezogen: Hier profitieren auch andere Menschen als die christliche Gemeinschaft selbst von der Kirchensteuer.

Sie haben aber nun explizit danach gefragt, was Sie persönlich "davon haben", Kirchensteuer zu zahlen. Da möchte ich Ihnen gern sagen: Sie haben so viel von Ihrer "Mitgliedschaft", wie Sie davon gern haben möchten. Wenn Sie beispielsweise in einem Fitnessstudio Mitglied sind und nur einmal im Jahr zum Training gehen, kommen Sie auf eine Trainingsstunde, die Sie ungefähr genauso viel kostet, wie Ihre Zugehörigkeit zur Kirche.

Mit anderen Worten: Es liegt an Ihnen, ob Sie das Angebot der Kirche nutzen oder nicht. Ähnlich wie beim Fitnessstudio können Sie sich überlegen, woran es liegt, wenn Sie das Angebot nicht häufiger nutzen. Ist es das Angebot, das schlecht ist? Oder liegt es daran, dass Sie sich nicht aufraffen mögen? Sie schreiben, dass Sie die Angebote nicht kennen, die Ihnen die Kirche macht. Das lässt sich sehr leicht ändern. Schauen Sie in Ihren Gemeindebrief, oder auch in den einer Gemeinde in der Nachbarschaft, wenn Ihnen das Angebot der eigenen Gemeinde nicht zusagt. Oder Sie googlen mal nach evangelischen Akademien und sehen sich deren Angebot an. Oder Sie fahren im kommenden Jahr auf den Kirchentag nach Nürnberg (vom 7. bis 11. Juni 2023) und erleben vor Ort, was Kirche noch alles sein kann. Oder in einer Stunde, in der Sie wirklich betrübt sind, wenden Sie sich einfach direkt an Ihren Pfarrer oder Ihre Pfarrerin vor Ort. Wie gesagt, das Angebot ist riesig. Oh, und nicht zuletzt: Sie haben auch ein kirchliches Angebot in Anspruch genommen, indem Sie mir geschrieben haben.

Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit.

Frank Muchlinsky

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