Hat Gott einen Plan für jeden Menschen?

Anna Müller
Bibel von der Seite gesehen mit Jesusdarstellung auf Bibelschnitt.
© Humble Lamb / Unsplash

Wir beschäftigen uns für einen Podcast gerade mit der Frage, ob Gott für jeden von uns einen Plan hat. Können Sie uns dazu eine Antwort geben? Was glauben Sie? Gibt es da Meinungsverschiedenheiten im Christentum? Kann man die Frage überhaupt beantworten?

Liebe Anna,

das ist ja eine coole Frage, danke. Die Antwort ist: Gott hat für jede und jeden von uns einen persönlichen Plan. Und: In dieser Antwort sind sich - nach meiner Kenntnis - alle Christen einig. 

Sie können für Ihren Podcast die Bibel durchgehen: In den einzelnen Büchern der Bibel kommen Menschen in den Blick, auf deren Lebensweg sich immer auch ein größerer Plan abzeichnet. So steht es in der Weisheit: "Des Menschen Herz erdenkt sich seinen Weg; aber der Herr allein lenkt seinen Schritt." (Sprüche 16,9) Natürlich ist dieser Plan nicht immer gut erkennbar, natürlich gibt es Zweifel, natürlich mutet Gott Menschen auch Erfahrungen zu, die fast nicht zu ertragen sind. Lesen Sie - für einen Podcast unterhaltsam - einmal das kleine Prophetenbuch mit dem Titel "Jona" durch. Also: Das Leben ist - auch wenn Gottes plant - kein Ponyhof. Vieles erklärt sich erst im Rückblick. Manches bleibt für einen selbst im Rückblick unerklärbar, Gott wird es klären. 

Doch die Dimension Ihrer Frage reicht tiefer: Dass Gott einen Plan mit jedem einzelnen Menschen hat, hilft uns dabei, die Würde jedes einzelnen Menschen zu achten.  Gerade im Zusammenleben mit Menschen, deren Plan nicht mein Plan sein muss, entfaltet sich der Respekt vor Gottes Plan in einem barmherzigen Miteinander. Bischöfin Marianne Budde hat das in Washington aus Anlass des Amtswechsels im Weißen Haus so ausgedrückt: "Je mehr man den Weg der Verachtung beschreitet, desto leichter ist es, die grundlegende Menschlichkeit einer anderen Person zu missachten." Personen auch in ihrer Not zu würdigen, Menschen zu schützen, sie dem Elend nicht zu überlassen, ist Gottes Plan. Ich lebe an der Nordseeküste. Hier weiß man: Für einen Menschen in Not fährt man selbst in den Sturm und rettet die, die in Not geraten sind. Gott bleibt bei Menschen in Not durch unsere Menschlichkeit auf dem Plan.

Ihre Frage erreicht nun eine noch tiefer liegende Dimension. Die Theologie spricht von der Prädestination. Es geht um die göttliche Vorherbestimmung des Menschen. Alle Kirchen teilen die Überzeugung, dass Gott für Menschen einen Plan hat, auf Gottes Plan steht, dass er allen Menschen Anteil gibt an Jesus Christus (siehe: Römer 8,29-30).  

Dann aber beginnt der Zwist. Es könnte ja sein, dass Gott unterschiedliche Pläne im Hinterkopf hatte. Für die einen könnte Gott das ewige Leben planen, für die anderen steht die ewige Verdammnis an. So ungefähr sieht es der Genfer Reformator Johannes Calvin, es gäbe auch den "furchtbaren Ratschluss Gottes". In Ihrem Podcast können Sie zitieren, was Johannes Calvin zu dem Thema sagt. Bitte nicht vergessen: Eigentlich ist Calvin ein Prediger der Gnade Gottes, nur rein theoretisch will er die Freiheit Gottes nicht einschränken und kommt zu der theoretischen Idee: Gott könne Menschen auch planmäßig ins Unheil stürzen. Martin Luther ist etwas sanfter, er sagt der Mensch sei ein Reittier, in dessen Sattel sitze entweder der Teufel oder Gott, er habe keine Freiheit, selbst zu entscheiden. Einen Plan Gottes, nach dem Menschen ewig verloren gehen könnten, mag Martin Luther sich nicht vorstellen. 

Karl Barth hat die Lehre von dem Plan Gottes mit allen Menschen neu entwickelt. Er beschreibt den Plan Gottes so: Gott hat nur einen einzigen Plan. Jesus ist von Gott - mit Blick auf sein heilvolles Wirken - erwählt und - mit Blick auf den Prozess und seine Hinrichtung - verworfen. Jesus Christus ist also beides, der Erwählte und der Verworfene, in ihm kommen der erwählende Gott und der erwählte Mensch zusammen und wir sind hier eingeplant. Spitzensatz von Karl Barth: "Gott will verlieren, damit der Mensch gewinne." Fragen Sie nach dem Plan Gottes, sehen Sie beides: den Plan Gottes mit Jesus und - wie in einem Spiegel - in seinem Plan mit Jesus Christus, sich selbst als Mensch und Ihren Plan. 

Sie merken, je tiefer man fragt, umso weiter greift Ihre Frage. 

Ich finde Ihre Frage darum so cool, weil jede Antwort in die Mitte theologischer, ethischer und persönlicher Lebenseinstellungen hineinreicht. Noch einmal Bischöfin Marianne Budde, die Präsident Trump direkt an den ursprünglichen Plan Gottes erinnert: "Zu den Fundamenten zählt, die unantastbare Würde eines jeden Menschen zu ehren. Differenzen sollen respektvoll diskutiert werden, damit man, wenn immer möglich, auf einen gemeinsamen Nenner kommt. Zudem Ehrlichkeit in privaten Unterhaltungen und dem öffentlichen Diskurs."

Ich hoffe, dass ich Ihnen einige zentrale Gedanken zuliefern konnte und wünsche Ihnen viel Freude mit Ihrem Podcast. 

Viel Erfolg bei Ihren Zuhörenden wünsche ich Ihnen, Ihr Henning Kiene  

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