Gebe ich zu wenig Geld ab?

Fragende
Ausschnitt von einem Bettler mit aufgehaltenen Händen mit Münzen und einem "Help"-Schild
Getty Images/iStockphoto/tommaso79

Lieber Herr Muchlinsky,

ich habe ein Problem. Und zwar mit dem Vers in Maleachi 3.8.
Ich habe schon sehr viel zum Zehnten gehört und gelesen und daraus hat sich ein richtiger Zwang und eine Angst entwickelt, dass wenn man es nicht macht (10 Prozent geben), kommt man nicht in den Himmel. Ich gebe keine zehn Prozent.
Ich gebe immer so wie es mir in den Sinn kommt je nach Situation.
Ich muss auch ehrlich sagen, dass ich nicht bereit bin, 10 Prozent abzugeben, weil ich es ja auch für meine Mann und mich brauche /Urlaub, Haus, Versicherung usw.
Bin ich jetzt wohl geldsüchtig?
Das nächste Problem ist, dass ich langsam denke, dass ich kein Geld für mein Vergnügen ausgeben darf /Kino, Urlaub, Theater, Essen gehen, Geschenke, Puzzle, Ausgaben für Hobbys.
Stimmt das, also darf ich für mein Vergnügen kein Geld ausgeben, weil ich könnte das ja auch spenden. Also darf ich nicht in Urlaub gehen usw? Mich plagt schon immer das schlechte Gewissen, dass Gott sauer ist, wenn ich nicht das Geld spende, sondern lieber Sachen für Hobbys kaufe oder in Urlaub gehe. zB habe ich letztens erst meinem Mann einen Billardtisch geschenkt und frage mich jetzt, ob Gott deshalb sauer ist und ich dann nicht in den Himmel komme (weil ich das Geld für den Billardtisch ja nicht spende).
Erst heute habe ich wieder gelesen, dass es so ist, dass ein Christ 10 Prozent abzugeben hat. Außerdem habe ich gehört, dass Gott traurig sei, wenn wir ihm nicht bei Gehaltszahlung sofort 10 Prozent zurückgeben und oft liest man im Internet auch, man vertraue dann zu wenig, wenn man nicht 10 Prozent abgibt.

Können Sie mir da helfen? Ich freue mich auf Ihre Antwort.

Liebe Grüße

eine Christin aus der ev. Landeskirche
die gerne das Leben genießen will, aber Angst hat, dass sie kein Geld für Vergnügen ausgeben darf

Liebe Fragende,

es tut mir Leid, dass Sie sich so große Sorgen machen. Die Textstelle bei dem Propheten Maleachi ist auch in der Tat beunruhigend. Allerdings möchte ich Ihnen gern die Sorge nehmen – aus mehreren Gründen. Zunächst einmal prangert Maleachi an, dass sich die Menschen in seinem Volk nicht solidarisch verhalten. Sein Thema ist die Treue zu Gott, die sich auch darin ausdrückt, sich um die Schwachen zu kümmern. In Vers 5 wendet sich Maleachi in Gottes Namen "gegen die, die Gewalt und Unrecht tun den Tagelöhnern, Witwen und Waisen und die den Fremdling drücken und mich nicht fürchten, spricht der HERR Zebaoth." Für Maleachi sind Gottesfurcht und das Kümmern um die Schwachen in der Gesellschaft untrennbar miteinander verbunden. Darum fordert er in Gottes Namen, sich an die Regeln zu halten, die die Gesellschaft solidarisch machen. Und das ist zur Zeit Maleachis der "Zehnte".

Würde der Prophet heute schreiben, würde er sich – vermutlich mit derselben Vehemenz – gegen Steuerhinterzieher wenden. Einen Zehnten zahlen wir ja nicht mehr, und es geht auch nicht um genau diesen Prozentsatz. Es geht darum, sich um andere zu kümmern – auch finanziell. In unserer Gesellschaft sorgen Steuern und Abgaben dafür, dass wir unseren Beitrag zum Gemeinwohl leisten, das sind nicht nur Kirchensteuern und direkte Spenden. Überlegen Sie einmal: Sie zahlen Solidaritätsbeitrag, Sie zahlen Beiträge für die Krankenkassen, auch wenn Sie gesund sind. Wenn Sie sich des Lebens mit Sekt freuen möchten, zahlen Sie eine Schaumweinsteuer, selbst wenn Sie am Glücksspiel teilnehmen oder rauchen, bekommt unser Staat Geld davon und kann damit gute Dinge bezahlen. Ob die Steuer auch wirklich für Gutes eingesetzt wird, ist eine andere Frage. Auf jeden Fall ist unsere Gesellschaft so organisiert, dass Sie vermutlich weit mehr als 10 Prozent Ihres Einkommens für die Solidarität mit anderen Menschen ausgeben.

Und dann will ich auch noch schreiben, dass Gott sich mitfreut, wenn wir uns "vergnügen". Jesus hat mit den Menschen gegessen und getrunken. Er hat auf Hochzeiten gefeiert und für Weinnachschub gesorgt. Er hat sich mit feinstem Öl salben lassen und immer wieder das Kommen des Reiches Gottes mit einem Fest verglichen. Es geht nicht darum, sich nichts zu gönnen, sondern es geht darum, es nicht auf Kosten anderer zu tun. Wen sich da Ihr Gewissen rührt, dann schauen Sie, was Sie ändern können. Genießen Sie, was Ihnen Gott in seiner Güte schenkt! Bleiben Sie großzügig, teilen Sie und leben Sie in der Gewissheit, dass Gott Sie mehr liebt, als Sie sich vorstellen können.

Herzlichen Gruß

Frank Muchlinsky

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