Warum heißen die Sonntage nach Ostern in Dänemark anders?

Hans-Werner Jürgensen
Kalender, auf den eine Hand mit einem Stift schreibt
© rdne/Pexels

Guten Tag,
ich bin Kirchenmusiker der Evangelischen Kirche im Ruhestand und kenne daher die Namen der Sonntage im Kirchenjahr.
Jetzt bin ich wieder, obwohl im Ruhestand, Organist und Chorleiter in der evangelischen Kirche in Dänemark.
Meine Frage: Warum werden die Sonntage der Ev. Kirche in Dänemark wie die Sonntage der katholischen Kirche benannt, z. B. heute ist der Sonntag „Rogate“ in Dänemark ist es der „5. søndag efter påske“ in der katholischenKirche der „6. Sonntag der Osterzeit“

Über eine Erklärung wäre ich sehr dankbar.
Herzliche Grüße
Hans-Werner Jürgensen

Lieber Herr Jürgensen,

Ihre Beobachtung ist sehr treffend – und tatsächlich steckt dahinter eine interessante Geschichte liturgischer Entwicklung und ökumenischer Vielfalt.

In der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist es üblich, viele Sonntage im Kirchenjahr mit traditionellen lateinischen Namen zu bezeichnen, wie etwa „Rogate“, „Kantate“ oder „Jubilate“. Diese Namen stammen meist aus dem Introitus, also dem Eingangspsalm der jeweiligen Sonntage, und gehen auf die alte lateinische Bibelübersetzung, die Vulgata, zurück. Auch wenn Martin Luther die Bibel aus dem Hebräischen und Griechischen ins Deutsche übersetzte, blieben diese Namen im evangelischen Kirchenjahr erhalten – vermutlich aus liturgischer Tradition und weil sie schön klingen. (Das ist schön zusammengefasst auf einer Seite des Gemeindenetzes Nördliche Bergstraße.

In der Evangelischen Kirche in Dänemark (Folkekirken) hingegen folgt man einer anderen liturgischen Ordnung, die stärker von der lutherischen Reformation in Skandinavien und von der Nähe zur römisch-katholischen Liturgie geprägt ist. Dort werden die Sonntage meist einfach nummeriert – etwa als „5. søndag efter påske“ (5. Sonntag nach Ostern). Diese Zählweise ist sachlich, klar und betont den Verlauf des Kirchenjahres . Sie ähnelt in der Tat der katholischen Praxis, die ebenfalls mehrfach verschiedene liturgische Zeiten "durchzählt" (z. B. „6. Sonntag der Osterzeit“).

Dass die dänische Kirche hier näher an der katholischen Zählweise liegt, ist aber kein Ausdruck theologischer Nähe, sondern eher ein Ergebnis liturgiegeschichtlicher Entwicklungen. In Skandinavien wurde nach der Reformation vieles vereinfacht und stärker auf die Bibel und die Predigt ausgerichtet. Die traditionellen lateinischen Namen galten als unnötig oder unverständlich und wurden daher vielerorts abgeschafft.

In Deutschland hingegen hat sich eine gewisse liturgische Vielfalt erhalten – auch weil die lutherische Orthodoxie im 17. Jahrhundert viele dieser Traditionen bewusst bewahrte. Die EKD hat diese Namen bis heute beibehalten, auch wenn sie für viele Gemeindeglieder erklärungsbedürftig sind.

Herzliche Grüße nach Dänemark – und wie schön, dass Sie Ihre musikalische Gabe weiterhin ausleben und einer Gemeinde zur Verfügung stellen!

Frank Muchlinsky

Tipps zum Weiterlesen auf fragen.evangelisch.de:

Fragen zum Thema

Lieber Herr W., eine feste Regel dafür, wie lange man diesen Stern hängen lassen sollte…
Lieber Herr Korn, das ist ein netter Merkvers, den Sie da für die Sonntage vor Ostern…
Hallo Susanne! Bei Ihrer Frage musste ich selbst erst einmal überlegen. Manche…