Liebes evangelisch.de Team,
jeden Abend lese ich auf der YouVersion App den täglichen Bibelvers samt Andacht. Gestern ging es um die Stelle aus Markus 8,35 (Hoffnung für alle) in der steht, dass wer sich an sein Leben klammert, der wird es verlieren. Wer aber sein Leben für Gottes Botschaft aufgibt, der wird es gewinnen.
In der Andacht wurde dann gesagt, dass wir auf unser Recht verzichten sollen, so zu leben, wie wir wollen, dass Selbstfürsorge weltlich ist und der falsche Weg zur Erfüllung und wir unser Leben Jesus hingeben sollen und unser Leiden hinnehmen müssen. Dann gibt es die Erlösung nach der Auferstehung ohne Leid, Kummer und Schmerz.
Für mich klingt das, als ob Selbstfürsorge schlecht sei, sogar falsch und der Wunsch nach einem guten Leben den Aufforderungen Jesu entgegen stehen. Muss ich gerne leiden? Darf ich Schmerzen und Krankheiten nicht behandeln? Darf ich nicht in Therapie, um auch auf Erden ein gutes Leben zu erstreben? Ich weiß, so kann das nicht gemeint sein und doch bin ich verwirrt. Ich hoffe, es gibt hierzu eine Antwort.
Vielen Dank und liebe Grüße, Cristina
Liebe Cristina,
vielen Dank für Ihre Frage. In jeder Andacht hören Sie Betrachtungen eines Bibeltextes durch einen Menschen. Sie sind immer eine individuelle Interpretation. Ihrer Frage entnehme ich, dass Sie in sich einen Widerspruch bei der dargebotenen Interpretation von Markus 8,35 spüren.
Ich verstehe den Vers so: Wer sich egoistisch an ein Leben klammert, in dem Gott und seine Gebote keine Rolle spielen, verliert es. Wer sein Leben hingegen auf Jesus ausrichtet, gewinnt es. Nächstenliebe und Fürsorge spielen dabei eine entscheidende Rolle.
Bereits in der Schöpfungsgeschichte wird beschrieben, wie Gott unsere Welt fürsorglich gestaltet. Sie ist gut und Gott hat auf geniale Weise für alle gesorgt. Schließlich bekommen wir Menschen die Aufgabe, unseren Nächsten zu lieben wie uns selbst (3. Mose 19,18 ; Matthäus 22,39). Die Grundvoraussetzung für Nächstenliebe ist demnach, die Liebe zu sich selbst zu kennen!
Selbstfürsorge gehört dazu. Selbstfürsorge ist dabei nicht mit Egoismus zu verwechseln. Während Selbstfürsorge Wohlergehen für mich und andere ermöglicht, ist Egoismus eine übermäßige Ich-Bezogenheit, die anderen schadet.
Ebenso wie Sie lese ich im Bibelvers nicht, dass wir gerne Leiden müssen. Etwas anderes ist es, dass Leidenserfahrungen zum Leben dazugehören. Das Leben auf Jesus ausrichten, heißt eben gerade nicht, Leiden in der Welt „gerne“ hinzunehmen. Dort, wo wir anderen helfen können, sollen wir das tun. Und ich bin überzeugt, dass diejenigen Menschen am meisten Kraft dafür haben, die zwischendurch auch immer ausreichend für sich selbst sorgen. Richtig verstandene Selbstfürsorge kommt anderen zugute. Gerade deshalb ist sie nicht der falsche Weg.
Ich wünsche Ihnen weiterhin gute Inspirationen durch die Abendandachten – und behalten Sie dabei stets Ihren kritischen Blick.
Herzliche Grüße
Ihre Helena Malsy