Ist es möglich, dass der Teufel die Gestalt Jesu annimmt?

Christian
Ich hatte einen Tagtraum, in dem mich eine Gestalt, die Jesus-Darstellungen ähnelte, hämisch und schadenfroh anlächelte und somit erniedrigte. Mich hat das Erleben sehr bestürzt und verunsichert, zumal ich bisher von einer derartigen Zurechtweisung durch Jesus nichts gehört oder gelesen habe. Mir kam deshalb der Gedanke, dass ich nicht leichtfertig vom Glauben abfallen sollte und vielleicht hinterfrage, ob nicht der Teufel die Gestalt Jesu angenommen hat und mich versuchte. Ist dies möglich? (Ich muss zugeben, dass ich Psychotiker bin und an Depression leide, weshalb ich schon seit Jahren Medikamente einnehme und in Behandlung bei einer Psychiaterin bin. Der Glaube an Jesus und seine Liebe ist mir eine Stütze.) Vielen Dank.

Lieber Christian, 

Sie schreiben: "Der Glaube an Jesus und seine Liebe ist mir eine Stütze." Das ist ja die Antwort auf Ihre Frage. Denn der Glaube an Jesus und seine Liebe schützen uns Christinnen und Christen vor allen anderen Kräften, Mächten und Gewalten, die Jesus als Fratze erscheinen lassen und seine Liebe leugnen, die schadenfroh grinsen, uns klein machen und erniedrigen wollen. Glaube und Liebe an Jesus sind wie ein Schutzschild. 

Meine direkte Antwort leihe ich mir beim Apostel Paulus: "Ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch irgendeine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn." (Römer 8,38+39) Also auch ein Teufel, oder wie man das auch nennen will, wird Sie nicht von der Liebe Jesu trennen können. Selbst wenn er Sie mit Verlockungen anwerben wollte und Ihnen noch so viel anbieten würde, Jesus lässt den Teufel nicht zur Entfaltung kommen. Jesus baut das Reich Gottes unter uns auf, der Teufel will das verhindern. Das haben Sie erlebt.  Es ist wichtig, dass Sie wissen: Wo Ihnen gedroht und Sie erniedrigt werden, ist Jesus nicht auf dem Plan. Jesus richtet Sie auf! Solcher Glaube, gute Medikamente, Gespräche helfen bei psychotischen Zuständen und in Depressionen. 

Dass beide Gestalten tatsächlich ineinander verschmelzen schließe ich aus. Mit Martin Luther aber kann ich verstehen, was Sie erlebt haben. Denn Martin Luther kannte die tiefe Anfechtung des Glaubens. Immer wieder wich er dem Teufel aus, warf ein Tintenfass in dessen Richtung und erschrak sich fast zu Tode über das Geschick, mit dem der Teufel gegen die Glauben an Jesus Christus die menschliche Seele umwirbt. Der Teufel mischt sich in den Verstand ein, geht vor, wie die Schlange im Paradies, fragt listig: "Warum hat Gott dir das geboten? Wozu ist es dir nütze? Ach macht dir nichts draus, es ist zu nichts nütze." Und schon sind da Zweifel an Gottes Wort. Der Teufel, den Luther erlebte, bemächtigt sich der Heiligen Schrift, verdreht die Inhalte, entschärft Gottes Gnade und verdirbt Jesu Himmelreich durch ein erniedrigendes Zornesgericht. Aber er kann nur drohen. Jesus kann heilen. Vielleicht haben Sie erlebt, dass Gottes klares Wort plötzlich keine Gnade mehr kannte, sondern zur Bedrohung wurde. Das ist falsche Drohung. Jesus aber ermutigt.  Martin Luther hatte immer ein Kreuz im Blick, er sah auf den leidenden Christus. Der Anblick Jesu begrenzte ihm die Furcht vor dem Zorn Gottes. Weil: Jesus hat den Zorn, der uns Menschen gelten müsste, ertragen und überwunden, wo er ist, da wird nicht unterdrückt und beleidigt, sondern wir werden aufgerichtet und mit Mut erfüllt. Auf die Frage woran ich richtigen Glauben erkenne gibt es eine Antwort: Glaube ist da, wo Mut wächst, Menschen sich gegenseitig ermutigen, der Tod von der Hoffnung überwunden wird. 

Sie haben beide in einer Gestalt gesehen? So war es und doch war es eine Sinnestäuschung, eine Versuchung. Sehen Sie bitte Jesus Christus an, er segnet Kinder, mehrt Brot, heilt Kranke, öffnet das Reich Gottes, macht sich in Brot und Wein sichtbar, fassbar. Dann überwindet er den Tod. Sehen Sie das alles an und Sie sehen nur Jesus und dann ist der Teufel weit weg. 

Noch eine Bitte, wenn Ihnen die Bilder, die Sie sehen, zu stark werden, dann suchen Sie bitte rechtzeitig Unterstützung bei Ihrer Ärztin und bitte suchen Sie bei Ihrer Kirchengemeinde Unterstützung, die Feier des Heiligen Abendmahles hilft allen, Gesunden und Kranken, die Dinge zwischen Gott und dem Teufel zu unterscheiden. 

Übrigens hat der Wurf mit dem Tintenfass geholfen, Martin Luther konnte den Teufel vertreiben und die Übersetzung des Neuen Testamentes, die er gerade vorbereitete, abschließen. 

Vielen Dank für Ihr Vertrauen, wir, das Team von Fragen Evangelisch grüßen Sie, Ihr Henning Kiene

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