Gibt es Gott?

Katharina Albrecht
Erste menschliche Handabdrücke der Selbsterkenntnis
©Getty Images/iStockphoto/Goldfinch4ever

Hallo liebe Johanna,

ich versuche mich gerade damit zu beschäftigen wie es, ganz grundsätzlich, zu einem Glauben an einen Gott kam. Ich frage mich, woher der Gedanke überhaupt kommt, dass es einen Gott geben könnte.

Ich weiß, dass immer wieder gesagt wird, es liegt im inneren des Menschen, die Frage ob es Gott gibt ist intrinsisch, sie stellt sich im Laufe des Lebens jedes Menschen und nicht umsonst suchen wir nach einem "Sinn des Lebens".

Mittlerweile habe ich aber schon einige Menschen kennen gelernt, denen das nicht so geht. Sie haben mir die Frage gestellt: "Warum muss es denn einen Gott geben? Warum muss unser Leben denn einen tieferen Sinn haben? Es kann doch auch einfach alles so sein und wenn es dir Freude macht dahinter einen Gott zu sehen, ok, dann tue das, aber das heißt noch lange nicht, dass es ihn wirklich gibt."

Seitdem trage ich diese Frage mit mir herum und finde keine Antwort. Gibt es geschichtliche Daten noch vor der Zeit des Alten Testaments, dass die Menschen glaubten, es gäbe einen Gott? Die Menschen die in der Steinzeit lebten, glaubten sie schon an einen Gott? Özi....oder all die Affenmenschen.... wenn die Evolution so statt gefunden hat wie in der Theorie..... haben sie schon an einen Gott geglaubt?
Irgendwo muss es doch einen Ursprung geben, der auch nicht gläubigen Menschen schlüssig erklärt werden kann ohne Adam und Eva ins Spiel zu bringen, wenn doch die Evolutionstheorie vereinbar ist, mit unserem Glauben.
Ich freue mich auf eine Antwort aus deiner Sicht und lese bis dahin noch die restlichen Wikipedia-Einträge ;)

Danke, dass ihr euch die Zeit nehmt so viele Fragen zu beantworten!

Viele Grüße,
Katharina

Liebe Katharina,

herzlichen Dank für Ihre Frage! Sie macht mich neugierig, darüber nachzudenken.

Ja, es ist nicht leicht zu beantworten, woher der Glaube an einen Gott oder eine göttliche Macht kommt. Sie beobachten richtig, dass sich diese Frage nicht allen Menschen auf die gleiche Weise stellt. Es gibt einige Menschen, die nicht an Gott glauben. Manche wiederum haben andere religiöse Formen wie Buddhismus für sich entdeckt.

Schaut man religionswissenschaftlich, so ist die Entstehung der Religion eng mit der Entstehung der Menschheit verknüpft. Die Fähigkeit, zu abstrahieren und transzendieren enstand zeitgleich mit der Vernunftentwicklung des Menschen. Dadurch, dass Menschen vernunftbegabt waren und sprechen konnten, stellten sie sich fragen: Wie entsteht das Gewitter? Woher kommt das Feuer? Wie bin ich entstanden? Diese Fragen wurden früh durch den Glauben an Gottheiten beantwortet. Mit Ritualen wurde versucht, das Göttliche zu beeinflussen und zu kontrollieren.

Eine der ältesten ärchäologischen Funde ist die Venus von Tan-Tan (300.000-500.000 v. Chr.). Ähnliche Venusfigurinen gab es in der gesamten Steinzeit. Das waren kleine, weibliche Figuren. Es ist umstritten, ob diese einen religiösen Sinn hatten. Stellten sie vielleicht eine Muttergöttin da? Symbolisierten sie Fruchtbarkeit? Sind sie Hinweise auf eine matriarchale Gesellschaftskultur? All' diese Fragen sind ungeklärt. Ähnlich ist es mit Höhlenmalereien und Grabbeigaben, die sich religiös deuten lassen und zeitgleich entstanden.

Ab 12.000 entstanden zunehmend religiöse Riten, die vor allem mit Geburt, Tod und Fruchtbarkeit im Zusammenhang standen. Darüber hinaus wurde auch von einer spirituellen Verbindung zwischen Jägern und Jagdtieren ausgeangen. Eventuell existierten auch schon die ersten Personen, die religiös tätig waren. Es handelte sich vor allem also um Naturreligionen, wie sich gegenwärtig auch noch finden lassen. In den nachfolgenden Jahrhunderten differenzierten sich die religiösen Formen immer weiter aus. Vor allem die Sesshaftwerdung des Menschen verstetigte den Kult und das Kultpersonal. Es wurde sich gefragt, wie die Ursprünge der Welt waren und was der Sinn des Lebens ist. Funde lassen erneut vor allem auf weibliche Gottheiten schließen.

Da, wo nun komplexle soziale Organisationen entstanden, etablierten sich auch religiöse Institutionen. Es wurden große jährliche Feste zu Ehren der Götter gefeiert. Es gab Priesterinnen und Priester, die die Rituale anleitetet und feierten. Dazu entstanden Regeln, Vorschriften, Schöpfungsmythen. Die Religionen spiegelten die jeweils geltenden gesellschaftlichen Zustände. In Ägypten bildete sich die erste monotheistische Religion heraus, die von einer Gottheit ausging - dem Sonnengott Aton unter dem Pharao Echnaton.

Schließlich mündete das ab 1000 v. Chr. in die Entstehung unser heute noch bestehenden Religionssysteme. Das Judentum, der Hinduismus, der Buddhismus, das Christentum, das Judentum, der Islam usw. Das Judentum zeichnete sich vor allem darin aus, dass es eine monotheistische Religion war. Es war aber auch eine der ersten oder die erste Religion, die nicht nur den Jahreskreis rituell beging (Frühlings- und Herbstfeste), sondern diese Feste mit der eigenen Geschichte verknüpfte.

Wenn man zurück schaut, sieht man also, dass Glaubensgeschichte und Menschheitsgeschichte immer eng verknüpft waren. Religionen entwickelten sich, verwandelten sich. Auch sie durchlebten eine Art Evolution. Es ist ein recht neues Phänomen, welches in Deutschland mit der Zeit der Aufklärung und der zunehmenden Wissenschaftlichkeit aufkam, dass Menschen sich nicht mehr als religiös verstanden. Im 21. Jahrhundert ist zu beobachten, dass Glaubens- und Sinnangebote zunehmend individualisierter werden. Menschen suchen sich ihre jeweilig passende Glaubensform zusammen. Sie können unter der Woche zum Yoga gehen, täglich Meditation praktizieren und am Wochenende eine Taufe besuchen. Abstrahierende und transzenierende Denkformen und die Fragen nach dem Sinn unseres Lebens haben allerdings nie geendet, sie finden nur neue Formen und Wege.

Das alles ist jedoch leider kein Beweis dafür, ob es einen Gott gibt. Denn theoretisch ließen sich diese religionsgeschichtlichen Prozesse durchaus religionsiwssenschaftlich und/oder psychologisch erklären. Ob es einen Gott gibt, darüber entscheidet am Ende der Glaube. Glaube ist kein Wissen, es ist Vertrauen darauf, dass Gott existiert und dass seine Existenz einen Unterschied für das eigene Leben macht.

Ich hoffe, mit dem kurzen Einblick in die Religionsgeschichte konnte ich Ihre Frage ein wenig beantworten. Falls Sie weitere Fragen haben: Fragen Sie gern.

Beste Grüße,

bleiben Sie behütet,

Johanna Klee

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.

Fragen zum Thema

Lieber Miroslav,  vielen Dank für Ihre Frage! Wie Sie ganz richtig feststellen, war…
Lieber Herr Levko, ich kann Ihre Frage gut verstehen. Wir sehnen uns alle nach möglichst…
Lieber David,Du hast recht: Der Apostel Simon Petrus gilt Christenmenschen als ein…