Hallo zusammen,
ich habe mich entschieden, mich ganz und gar von Gott führen und leiten zu lassen. Ist es sinnvoll, sich ausschließlich auf den Einfluss von Gott zu verlassen? Falls ich mir sicher bin, möchte ich mich in meinem Leben mit Gottes Segen fortbewegen. Er soll mir mitteilen, welchen Personen ich mich anschließen darf. So soll er auch in allen Bereichen meines Lebens mich seine Vorgaben wissen lassen. Ich bin bereit, alle Konsequenzen auf mich zu nehmen, falls Gott mich zu etwas haben will. Für mich ist auch die Kirche von Jesus Christus der sicherste Ort auf der ganzen Welt, denn Jesus hat über sie zu Simon Petrus gesagt: Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen (1. Petrus 16,18).
Aber ist es in dieser Welt möglich, sich ganz Gott anzuschließen, ohne sich den ganz krassen Nachteilen des Irdischen hinzugeben? Und wo kann ich so leben, dass Gott zunehmend mehr Platz in meinem Leben bekommt? Ich habe meine Arbeit aufgegeben, obwohl ich "über-bundesdurchschnittlich" verdient habe und ein gewisses Alter habe, das bei neuer Arbeitsaufnahme ein Risikofaktor darstellen könnte. Wiederum will ich mich ganz dem Vertrauen zu Gott hingeben. Ihm will ich mein Leben mit allen Konsequenzen widmen. Mein Umfeld ist in dieses Vorhaben nur bedingt eingeweiht, weil ich mir nicht sicher bin, ob es wirklich verstanden werden wird. Ist es möglich, sich ausschließlich auf das Vertrauen zu Gott zu verlassen und sein Leben danach auszurichten?
Lieber Joachim,
danke, dass Sie sich an uns wenden! Sie haben den deutlichen Wunsch, etwas Entscheidendes in Ihrem Leben zu verändern. Sie fragen, ob es sinnvoll ist, sich ausschließlich auf den Einfluss von Gott zu verlassen, und fragen nach Gottes „Vorgaben“. Was Gottes Wille ist, können wir als Menschen nicht 1:1 wissen. Gott schenkt uns Freiheit und traut uns Entscheidungen zu. Dazu gehört, dass wir zunächst in dieser irdische Welt gestellt sind, in der wir zurechtkommen müssen.
Selbst Mönche, die ihr Leben ganz und gar Gott und ihrer Ordensgemeinschaft widmen, leben ohne die „ganz krassen Nachteile des Irdischen“. Klöster sind in der Regel Wirtschaftsbetriebe, die im Einklang mit der Welt um sie herum bestehen und für sich und andere sorgen. Ihren Schritt, den Beruf aufzugeben, und Ihre Überlegungen zu einer neuen Arbeitsaufnahme, kann ich nicht beurteilen. Sie müssen aber in jedem Fall überlegen, wovon Sie leben werden.
Gott zunehmend mehr Platz in unserem Leben zu geben, ist ein persönlicher und tiefgehender Prozess. Es ist Ihr einmaliger Weg in Beziehung zu Gott. Es gibt viele Wege, damit in allen Dingen Gott gepriesen werde durch Jesus Christus (1. Petrus 4,11). Im Gebet können Sie sich auf seine Stimme konzentrieren und zu ihm sprechen. Regelmäßiges Bibellesen und Nachdenken über die Worte Gottes können Ihnen helfen, den Weg zu finden, den Gott mit Ihnen gehen will. Auch Gespräche mit den Menschen aus Ihrem Umfeld können Sie auf Ihrem Weg begleiten.
Wem können Sie sich anschließen und wo können Sie leben? Es kann zwar kein Mensch zwischen Ihnen und Gott vermitteln, jedoch sind Austausch und gemeinsame Glaubenserfahrung im Prozess inspirierend. Es gibt viele Orte und Formen: Die einen leben ihren Alltag, gehen einem Beruf nach und hören in der Kirchengemeinde regelmäßig Gottes Wort.
Sie versuchen, das Gehörte in ihrem Alltag wirksam werden zu lassen. Andere leben in christlichen Gemeinschaften, wie zum Beispiel in der ökumenischen Jesus-Bruderschaft in Gnadenthal. Dort versuchen Menschen, in Gemeinschaft ein Leben aus dem Evangelium zu gestalten. Viele Klöster bieten geistliche Übungen und Seminare zu verschiedenen Themen an, ohne dass Menschen dort eintreten müssen, wie zum Beispiel die Benediktinerabtei in Münsterschwarzach. Vielleicht hilft es Ihnen in Ihrem Prozess, das Gespräch mit Christinnen und Christen in unterschiedlichen Lebens- und Glaubensformen zu suchen.
Ich möchte Sie ermutigen, so wie Sie sich an uns gewendet haben, sich anderen Menschen im vertraulichen Gespräch zu öffnen, beispielsweise Pfarrpersonen und geistlichen Mentoren. Oft ebnen sich Wege im Gespräch, wenn wir unsere Gedanken in Worte fassen und unsere Gesprächspartner:innen uns weiterführende Fragen stellen.
Gott segne Ihren Weg und erhalte Sie in seinem Frieden.
Herzlichst
Ihre Helena Malsy