Hallo liebes fragen-Team,
bevor ich meine Frage stelle, sollte ich zunächst voranstellen, dass ich statt einer Taufe die Jugendweihe erhielt. Ich beschäftige mich in letzter Zeit immer wieder mit der Frage, ob ich eigentlich gläubig oder nicht gläubig bin. Ich glaube an höhere Mächte, wie meinen Schutzengel, doch glauben im Sinne von Glaube an Gott? Gehören Engel nicht zu Gottes Boten?
Oft höre ich mich beten. Ich bete/bitte um sichere Fahrten ohne Unfall, ich bete/bitte um Weisheit in manchen Dingen, um Gesundheit und auch um Heilung für Mensch, die mir wichtig sind. Doch ich nutze nie ein bekanntes Gebet. Ich nutze eigene Worte. Freestyle-Gebete, wenn man es in die heutige Zeit übertragen mag, die ich vorwiegend an meinen Schutzengel und den von Anderen richte.
Fragen: Wenn Gott alle Menschen gleich liebt, würde er mir verzeihen ihn nicht selbst anzusprechen? Würde Gott es verleugnen nennen? Befinde ich mich vielleicht in einer Phase der Glaubensfindung? Ich bin mir unsicher. Was raten Sie mir? Liebe Grüße.
Liebe Fragenstellerin,
vielen Dank für Ihre Frage und die Beschreibung, wie Sie Ihren Glauben leben.
Wenn Sie Engel als Boten Gottes begreifen, setzen Sie die Existenz Gottes voraus. In der Bibel kommen Engel als Vermittler zwischen Gott und Menschen vor, sie werden aber nicht angebetet, so wie Gott.
Das christliche Gebet ist an Gott gerichtet. Engel können in katholischer und orthodoxer Tradition von der betenden Person angesprochen werden, um bei Gott Fürsprache zu halten. Manchen Menschen fällt es leichter, sich Engel vorzustellen und diese um Vermittlung des Gebetsanliegens zu bitten. Gott bleibt aber auch in diesem Fall der Adressat des Gebets.
Die Jünger Jesu haben sich genauso wie Sie Gedanken darüber gemacht, wie sie beten sollen. Im Lukasevangelium (11, 1-1) sagt Jesus zu Ihnen: Wenn ihr betet, so sprecht: Vater! (…). Wie wir Gott ansprechen, ist dabei nicht das Entscheidende. Im Alten Testament hat Gott viele Namen und offenbart sich jedem Menschen auf unverwechselbare Weise. Wichtig ist vielmehr, dass nichts zwischen Gott und uns steht und niemand vermitteln muss: Wir können uns direkt an ihn wenden. Dieser „direkte Draht“ wird im Matthäusevangelium sogar noch umfassender beschrieben: Euer Vater weiss genau, was ihr braucht, noch bevor ihr ihn bittet. (Matthäus 6,8).
Die uns ans Herz gelegten Worte des Vater Unser (Matthäus 6,9-15) können wir beten, insbesondere dann, wenn uns die Worte fehlen. Auch eigene Worte und Gedanken können wir vor Gott bringen, so wie Sie das mit Ihren „Freestyle Gebeten“ tun. Aus evangelischer Perspektive kann ich mir weder vorstellen, dass Gott Sie dafür verdammt, noch dass Gott sich von Ihnen verleugnet fühlt: Das ist doch gar nicht Ihr Ansinnen. Sie befinden sich, so wie Sie es beschreiben, in einer Orientierungsphase. Probieren etwas aus, denken darüber nach. Suchen über evangelisch.de den Austausch mit anderen Christ:innen.
Sie fragen uns nach einem Rat. Wie wäre es, wenn Sie den „direkten Draht“ einfach ausprobieren und Gott im Gebet direkt ansprechen? Im Grunde wäre das ein von Ihnen beschriebenes „Freestyle-Gebet“, dem Sie eine Gottesanrede voranstellen. Ich könnte mir vorstellen, dass diese neue Erfahrung Ihre Frage, ob Sie gläubig sind, am eindrücklichsten beantwortet.
Ich wünsche Ihnen Gottes Segen und gutes Vorankommen in Ihrer Glaubensfindungsphase!
Herzlichst,
Ihre Helena Malsy