Dürfen Christinnen und Christen vorsorgen?

Mami

Liebe Frau Scholl,

manchmal hört man so Sätze, wie "Gott sorgt sich ja um alles was du brauchst". Da stellt sich mir dann oft die Frage: Darf ich dann überhaupt selber vorsorgen und z. B. eine Rentenversicherung abschließen?

Ich bin der Meinung, dass ich das darf.
Wie sehen Sie das?

Danke für Ihre Antwort und liebe Grüße,

Debbi

Liebe Debbi, 

das ist eine interessante Frage, die Sie bewegt. In Mt 6,25-32 ist in sehr bildhaften Worten die Rede von der Sorge. Jesus fordert seine Zuhörerinnen und Zuhörer auf, auf die Vögel unter dem Himmel anzuschauen, die weder säen noch ernten und doch von Gott ernährt werden. Auch mit den Lilien auf dem Feld verhalte es sich so: sie verrichten keine Arbeit und dennoch sorgt Gott für sie und sie wachsen. 

Nun sind wir weder Vögel noch Lilien. Als Menschen können wir uns Zukunftsbilder ausmalen, können Vorstellungen entwickeln, welche Folgen Morgen unser Handeln von heute hat. Schon als kleine Babys beginnen wir uns zu sorgen, nämlich dann, wenn die Mutter kurz aus dem Zimmer geht und das kleine Baby Angst davor hat, dass sie nicht wiederkommt. Sie sehen, die Sorge ist etwas, was zutiefst zu uns Menschen gehört. 

Und letztlich gehört es ja auch zu einem verantwortungsvollen Umgang mit uns selbst und denen, die uns lieb und teuer sind. Jemand, der völlig sorglos in den Tag hineinlebt und immer meint, Gott wird es schon richten, würde zumindest mir eher naiv erscheinen als besonders klug. 

Für mich hat aber der Text aus dem Matthäusevangelium dennoch eine wichtige Bedeutung. Ich verstehe den Text so, dass es um die Frage geht, ob ich Gelingen und Misslingen in meinem Leben eigentlich ausschließlich von meinem Tun abhängig mache. Es geht darum, ob ich in der Illusion lebe, dass ich mir eigentlich selbst alles ermöglichen kann, was für mein Leben wichtig ist oder ob ich auch mit dem Wirken Gottes in meinem Leben rechne. 

Die Pandemie ist für mich da gerade eine Zeit um das neu zu lernen. Zumindest habe ich in meinem Leben noch nie eine Zeit erlebt, in der mir so bewusst wurde, dass ich mein Leben nicht bis ins letzte selbst in der Hand habe und dass all die Pläne, die ich mache, schnell dahin sein können. Mit Gott hat das für mich nicht deshalb etwas zu tun, weil ich denken würde, dass Gott Urheber der Pandemie ist. Das glaube ich keinesfalls. Aber mir wird in dieser Situation neu bewusst, dass es Momente in meinem Leben gibt, in denen ich nicht selbst einen Ausweg finden kann, sondern in denen ich manchmal nichts anderes tun kann als Gott das im Gebet anzuvertrauen. Nicht immer meinen, selber alles regeln zu können, sondern mit Gott rechnen. 

Sie fragen ja ganz konkret danach, ob Sie eine Rentenversicherung abschließen dürfen. Auf jeden Fall! Es ist vernünftig, es ist vorausschauend... Und es hindert Sie ja nicht daran mit Gott zu rechnen, mit der Geistkraft, die wirksam wird in Ihrem Leben, manchmal ganz unvermutet... bis ins hohe Alter hinein... 

Ich hoffe, ich konnte Ihnen bei Ihrer Frage etwas weiterhelfen und wünsche Ihnen (möglichst) sorgenfreie Tage!

Herzlich

Katharina Scholl

 

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