Hallo,
ich heiße Marius, bin siebzehn Jahre alt und beschäftige mich schon länger mit dem Glauben und Gott.
Es gibt Zeiten, da lese ich jeden Tag die Bibel und bete.
Dann aber kommen Zweifel auf und ich breche diese Dinge ganz ab.
Oft fühlt es sich nämlich falsch an, mich in die Hand Gottes zu begeben, weil ich dann das Gefühl habe, kein eigenständiges Leben mehr zu führen.
Als würde ich mich selbst nicht verwirklichen können.
Zum Beispiel frage ich mich dann, ob ich Horrorfilme schauen darf, auch mal etwas zu viel feiern kann usw.
Ich habe dann das Gefühl, er schränkt mich in meiner Freiheit als Mensch ein.
Ich denke mir dann auch oft, dass man schwere Zeiten und Krisen auch alleine durchstehen muss, um selber zu wachsen.
Versteht man, was ich ausdrücken möchte?
Vielleicht hast du ja einen Rat.
Lieben Gruß
Marius
Lieber Marius,
vielen Dank für Deine Zeilen. Für mich ist ein ganz zentraler Satz aus der Bibel einer aus dem 2. Korintherbrief: "Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit." (2Kor 3,17) Er ist deshalb so zentral für mich, weil er aussagt, dass die Beziehung zu Gott in die Freiheit führt und eben nicht in Abhängigkeit.
Du erlebst das manchmal ganz anders und scheinst den Eindruck zu haben, wenn Du Dich ganz auf Gott einlässt, könntest Du nicht mehr selbstbestimmt leben. Was Deine ganz konkrete Frage nach dem Schauen von Horrorfilmen und dem Feiern angeht, ist die Antwort recht einfach. Dinge, die anderen Menschen und Dir nicht schaden, kannst Du getrost tun. Wenn Du Spaß daran hast Dich etwas zu gruseln oder mit Deinen Freunden um die Häuser zu ziehen, spricht sicher nichts dagegen.
Schwieriger ist die ganz grundlegende Frage, die mir unter dem zu liegen scheint, was Du ansprichst. Ich glaube, diese doppelte Bewegung, die Du erlebst, sich einerseits ganz einlassen zu wollen und andererseits auch manchmal etwas vor dieser Unbedingtheit zu erschrecken und einen Rückzieher zu machen, erleben wir in allen Beziehungen, nicht nur zu Gott, sondern auch zu anderen Menschen. Völlige Unabhängigkeit und Freiheit gibt es ja nie, immer sind wir irgendwie mit anderen verbunden. Die Frage ist, wie wir diese Beziehungen so leben, dass wir uns zwar einlassen, aber dennoch selbstbestimmt darin leben können.
Vielleicht ist das mit Gott gar nicht so ganz anders. Wenn ich Deine Zeilen lese, habe ich den Eindruck, dass Du ziemlich streng mit Dir bist und Dir das ganze irgendwie schwarz-weiß vorstellst: entweder sich voll und ganz auf Gott einlassen oder aber sich voll und ganz abwenden. Ich glaube, Gott ist gar nicht so streng, wie Du es vielleicht bist. Als Pfarrerin bin ich ja ziemlich viel mit Gott und dem Glauben beschäftigt. Trotzdem gibt es Zeiten in meinem Leben, da bin ich irgendwie auch mit ganz anderen Dingen beschäftigt und da rutscht mir Gott ein wenig weg aus meinem Leben. Dann gibt es wieder Zeiten, da beschäftige ich mich ganz viel mit ihm.
Ich glaube, dass das Leben viel mehr Schattierungen kennt als schwarz und weiß und dass es genau so sein darf, dass Du Gott in Deinem Leben manchmal etwas präsenter hast und er dann wieder etwas fern rückt. Vielleicht hilft Dir diese Sichtweise ein wenig, um erleben zu können, dass auch in einer Gottesbeziehung noch ganz viel Platz für Dich als individuelle Person bleibt.
Das wünsche ich Dir jedenfalls. Und ich wünsche Dir Gottes Segen auf Deinem weiteren Lebensweg.
Herzlich
Katharina