Sind Opferkerzen wie Ablasshandel?

David
Gedenkkerzen werden im Frankfurter Dom St. Bartholomäus angezündet
epd-bild/Tim Wegner

Ist es nicht unchristlich, dass in katholischen Kirchen oftmals Geld als Gegenleistung für Opferkerzen erbeten wird? Ist dies nicht im weitesten Sinne mit dem Ablasshandel vor der Reformation gleichzusetzen, da die Gnade Gottes als Gegenleistung für eine Geldzahlung erbeten wird?

Lieber David,

nein, auch im weitesten Sinn ist es kein Ablasshandel, wenn in Kirchen Geld für Kerzen verlangt wird, die man dort entzünden und aufstellen möchte. Der Ablasshandel war der direkte Verkauf eines Teils des "Schatzes der Kirche". Dieser Schatz ist nicht materiell, sondern er besteht aus den guten Taten, den die Heiligen getan haben. In etwa so, wie es Jesus sagt: "Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo Motten und Rost sie fressen und wo Diebe einbrechen und stehlen. Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo weder Motten noch Rost sie fressen und wo Diebe nicht einbrechen und stehlen." (Matthäus 6,19-203) Die Vorstellung hinter dem Ablasshandel war, dass die Kirche aus diesem himmlischen Schatz, den die Heiligen angehäuft hatten, denen etwas abgeben kann, deren Leben eben nicht so heilig war. So mussten diejenigen, für die dieser Ablass gekauft wurde, mit entsprechend weniger göttlicher Bestrafung für ihre Sünden rechnen. In der Tat eine zweifelhafte Praxis.

Bei den Kerzen ist es aber lediglich so, dass sie lediglich ein sichtbares Zeichen für das Gebet sind. Darum gibt es diesen Brauch ja auch in evangelischen Kirchen. Und auch dort wird häufig darum gebeten, für die Kerzen, die man dort verbraucht, eine Spende zu entrichten. Das gilt auch für die sogenannten Opferkerzen in katholischen Kirchen. Selbst wenn man die Vorstellung hat, mit dem Anzünden solch einer Kerze Gott ein "Opfer" darzubringen, ist das kein "Deal", den man Gott eingeht. Gott etwas auf diese Weise zu opfern bedeutet, das eine große Opfer Jesu nachzuvollziehen, der eben sein Leben zur Erlösung der Menschheit gab. Das mag für protestantische Ohren fremd klingen, aber es ist doch etwas wirklich anderes als der Ablasshandel.

Es ist also ein simpler Kerzenhandel. Ob der nun in der Kirche sein sollte oder nicht, darüber kann man geteilter Meinung sein.

Sehr herzliche Grüße!

Frank Muchlinsky

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