Maria in der evangelischen Kirche

Adelheid Gerstenberg
Michealangelos Pietà
Juan Manuel Romerao/Wikipedia

Was bedeutet Maria, die Mutter Jesu, für einen evangelischen Christen? Die Pietà als Lebenshilfe in Krisen?

Liebe Frau Gerstenberg,

Maria ist zunächst im Protestantismus weniger populär als im Katholizismus. Das wissen Sie auch, sonst hätten Sie vermutlich nicht gefragt. Die Gründe dafür sind vielfältig und haben unter anderem mit der Tatsache zu tun, dass Heilige in der evangelischen Kirche generell eine geringere Rolle spielen, weil man sie als Fürsprecherinnen und Fürsprecher sozusagen „theologisch abgeschafft“ hat. Der einzige Fürsprecher – so die gängige protestantisch-theologische Ansicht – ist Jesus Christus selbst. Er steht vor Gott und bittet für uns.

Allerdings hat gerade Maria ein paar Eigenschaften, die sie für viele gläubige Menschen – egal welcher Konfession – attraktiv machen: Maria ist eine Frau. Inmitten einer Gesellschaft von Männern wird sie trotzdem respektiert. Das ist bemerkenswert und macht Mut. Ohne Maria geht nichts. Damit Gott in dieser Welt geboren werden konnte, brauchte es sie. Zunächst klingt Maria, als ihr das verkündet wird, recht unterwürfig, wenn sie sagt: „Ich bin die Magd des Herren, mit geschehe, wie du gesagt hast“. (Lukas 1,38) Aber in ihrem Lobgesang anschließend wird sie ausgesprochen selbstbewusst und singt „von nun an werden mich selig preisen alle Kindeskinder. Denn er hat große Dinge an mir getan.“ (Lukas 1,48-49) Auch das bringt sie in eine starke Position und macht sie zu einer wertvollen Identifikationsfigur.

Und dann ist da der andere Aspekt, nach dem Sie ebenfalls gefragt haben: Die Pietà, also die Maria, die ihren toten Sohn im Arm hält. In dieser Darstellung liegen so viel Leid und Mitgefühl, wie es die Darstellung Jesu am Kreuz kaum schaffen kann. Dadurch, dass der tote Jesus nun in den Armen seiner Mutter liegt, wird deutlich, wie unendlich groß das Opfer ist, das Gott machte, um die Menschen zu erlösen. Der eigene Sohn! Durch diese Darstellung wird Maria zum Sinnbild dafür, was Menschen erleiden müssen. Wer, wenn nicht Maria könnte verstehen, was es heißt, leiden zu müssen! Darum ist diese Darstellung sicherlich auch für viele Menschen der evangelischen Kirchen. Ausgesprochen wertvoll.

Maria ist also in vielerlei Hinsicht Vorbild und gleichzeitig „solidarisch“ mit gläubigen Menschen. Ich sollte gleich dazu anmerken: Da sehen sicherlich nicht alle Protestantinnen und Protestanten so. dazu ist unser Glaube zu divers. Aber Maria kann du darf auch im Protestantismus sehr liebgehabt werden. Und in Krisenzeiten kann man sich ihr besonders nähern.

Herzliche Grüße!

Frank Muchlinsky

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