Wo bleibt die Produkthaftung Gottes für seine Schöpfung?

Willi B.
Bunt bekleckstes Bild der Schöpfung von Michelangelo
Getty Images/iStockphoto/Vieriu Adrian

Warum werden stets die Menschen für die Fehler der Götter/des Gottes bestraft? Schon in der Schöpfungsgeschichte werden die Menschen aus dem Paradies verjagt anstatt dass sich der „Schöpfer“ fragen muss, was er da erschaffen hat. Das setzt sich fort bei Kain und Abel, dann in den sieben Plagen und schließlich in der Sintflut.

Letztendlich haben die Strafen zu keiner Änderung im Verhalten geführt, so dass schließlich durch Abspaltung der Jesus auf die Erde geschickt wird. Aber auch das ist nicht genug, weil dann noch der Heilige Geist kommt.

Wie es heute mit den unzähligen Kriegen aussieht muss ja nicht explizit erwähnt werden.

Lieber Herr B.,

Danke für die lustig formulierte Frage! Im Grunde genommen haben Sie eine sehr knappe Zusammenfassung der Heilsgeschichte geschrieben, wie sie in der Bibel steht. Tatsächlich ist auch Gott sehr bald nach der Schöpfung der Ansicht, dass sie nichts taugt. Das ist aber genau der Grund für die Sintflut. Gott „bestraft“ seine Schöpfung nicht, indem er sie untergehen lässt, vielmehr ist es das, was Sie fordern: Eine große „Rückrufaktion“ eines fehlerhaften Modells. Gott sieht, dass er mit der Schöpfung einen „Fehler“ gemacht hat und lässt sie darum untergehen.

Allerdings ist Gott hier nicht ganz konsequent, weil ja die Tiere und auch ein paar von den guten Menschen überleben lässt. Interessanterweise ist das der Konflikt, der sich durch den Film „Noah“ von 2014 mit Russell Crowe zieht: Noah erkennt die Inkonsequenz Gottes und ahnt, dass die Menschen, die nach ihnen kommen werden, wieder dieselben Fehler machen werden, wieder so bösartig werden wie die vor der Flut. Also beschließt er, sich und seine Familie nach beendeter Rettungsaktion ebenfalls zu töten. Davon hält Gott ihn allerdings ab, und das ist nun wieder auch biblisch, denn Gott sieht am Ende der Flut ein, dass er mit dem fehlerhaften Menschen leben muss. Wörtlich sagt Gott an dieser Stelle: „Nie wieder will ich die Erde wegen der Menschen verfluchen. Denn von Jugend an haben sie nur Böses im Sinn. Nie wieder will ich alles Lebendige so schwer bestrafen, wie ich es getan habe.“ (1. Mose 8,21) Mit anderen Worten: Gott und die ganze Schöpfung werden mit der im Menschen leider angelegten Boshaftigkeit leben müssen. Allerdings gibt Gott nicht auf, den Menschen besser zu machen. Er gibt ihm Regeln und immer wieder (buchstäblich immer wieder) die Chance, diese Regeln für ein gelungenes Miteinander auch einzuhalten.

Als das schließlich auch nicht funktioniert, entschließt sich Gott, selbst zur Welt zu kommen. Das ist extrem ungewöhnlich bis undenkbar, denn welcher Schöpfer würde sich zu seinem eigenen Geschöpf machen? Aber die Idee dahinter ist eben die nicht zu überbietende Nähe zwischen Gott und Mensch, die dadurch entsteht. Es kann dadurch zur endgültigen Versöhnung zwischen Gott und Schöpfung kommen. Nach christlichem Verständnis läuft dieser Prozess noch. Die Menschen sind immer noch dabei, sich gegenseitig und den Rest der Schöpfung zu attackieren. Aber sie können darauf vertrauen, dass Gott jede einzelne Person trotzdem liebt und das Beste für alle will. Das spüren sie durch das, was Christ:innen Heiliger Geist nennen. Und darum tun sie, was sie können, um Dinge richtig zu machen. Und wenn sie dabei scheitern, dürfen sie lächelnd wieder von vorn anfangen.

Herzliche Grüße!

Frank Muchlinsky

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