Sehr geehrter Herr Muchlinsky,
ich frage mich ob es einem evangelische Pfarrer, oder einem Kandidaten auf das Pfarramt erlaubt ist, Tattoos zutragen, und wenn ja, wie offen? Wie sieht es das Kirchenrecht vor? Und vor allem, wie tolerant ist man in der Praxis mit diesem Thema? Gibt es von Landeskirche zu Landeskirche Unterschiede? Wie "unförderlich" ist es gegebenenfalls für die Zulassung zum Vikariat bzw. zur Ordination?
Lieber Herr Schulz,
Es gibt keine Regelungen im Pfarrgesetz, die das Tragen von Tattoos verbieten würden. Sie können davon ausgehen, dass es in den verschiedenen Landeskirchen unterschiedlich gern gesehen wird, wenn ein Pfarrer ein Tattoo offen trägt.
Freilich kommt es auch darauf an, was Sie sich stechen lassen wollen. Satanische oder eindeutig sexuelle Motive sind sicherlich nicht dazu angetan, Ihnen die Türen ins Pfarramt besonders weit zu öffnen. Letztlich wird ein Pfarrer es mit einer Gemeinde zu tun bekommen, und dort wird es sicherlich solche Menschen geben, die Tätowierungen grundsätzlich ablehnend entgegenstehen und auch solche, die es schön finden, sich die Haut auf diese Weise bunt zu machen. Denken Sie also lieber weiter voraus als bis zur Schwelle des Landeskirchenamtes. Fragen Sie sich, welches Bild Sie von sich vermitteln möchten, und welche Rolle ein deutlich sichtbares Tattoo dabei spielt. Dann können Sie sich fragen, ob dieses Bild eines ist, das Ihnen als Gemeindepfarrer hilfreich wäre.
Übrigens haben Tätowierungen auch eine lange christliche Tradition. Wir haben eine Bildergalerie zusammengestellt von Motiven, die aus dem Tattoo-Studio der Familie Razzouk in Jerusalem stammen. Es ist ausgesprochen spannend, sich die verschiedenen Werke anzuschauen.
Herzliche Grüße!
Frank Muchlinsky