Hatten Adam und Eva sündige Gedanken?

Johnny
Herzchen Schloss mit Adam und Eva
© Anemone123 / Pixabay

Hallo liebes Fragen-Team,

Gott erschuf uns/ Adam & Eva damit wir uns mehren. Scham war uns vor der Erbsünde unbekannt. Da wir uns mehren sollen, kann man davon ausgehen, dass das Reproduktionssystem des Körpers schon voll entwickelt war. Dies beinhaltet all die Hormone, die für den Geschlechtsakt notwendig sind. Diese Hormone bewirken besonders bei jungen Männern "lüsternde Gedanken". Wobei ich hier dem "Reproduktionsdrang" - auf Grundlage des "Hormoncocktails" in unserem Körper - die "Hauptschuld" gebe. Ob diese Gedanken ausgelebt und weitergesponnen werden, hängt natürlich von der jeweiligen Person ab.

Und dies ist meine Frage: Ich stelle mir die Menschen vor der Erbsünde rein und gottesnah vor, so dass lüsternde Gedanken sich lediglich auf den Partner (Mann/ Frau) beziehen. Jedoch kann ich es mir biologisch nicht erklären, wie Menschen vor der Erbsünde, vor dem Reproduktionsdrang keine sündigen Gedanken haben können. Da dies biologisch in uns programmiert ist (natürlich spielen viele soziale Faktoren hier eine Rolle bei der Ausprägung), wird zumindest in der Pubertät kein Weg an solche Gedanken vorbeiführen. 

Diese Frage, bzw. diesen Zustand kann ich mir leider noch nicht erklären und würde mich über Ihre Antwort sehr freuen.

Vielen Dank vorab für Ihre freundliche Hilfe!

Lieber Johnny,

Ihre Verwirrung stammt daher, dass Sie versuchen, hier Dinge miteinander in Einklang zu bringen, die nicht zusammengehören. Die Geschichte vom Garten, von Frau und Mann und Schlange aus der Bibel interessiert sich nicht für Hormone oder Lust. Nicht einmal von Sünde ist hier die Rede. Lassen Sie mich darum Ihre verschiedenen Zugänge darum sortieren:

Zum einen ist da der biblische Text: Er handelt von zwei Menschen, die von Gott gemacht wurden, und die in einem Gartenleben, den Gott ebenfalls gemacht hat. Dass der Mensch in zweierlei Gestalt hier lebt, liegt daran, dass (so der Text) Gott findet, dass der Mensch ein Gegenüber hat, das zu ihm passt. Die Frage nach der Vermehrung stellt sich in diesem Text nicht. Sie stammt aus dem anderen Schöpfungsbericht, in dem es heißt, dass Gott allen Lebewesen (auch den Menschen) sagt: "Seid fruchtbar und mehret euch!" (1. Mose 1,22 und 28)

Die Geschichte ist tatsächlich mit einer Pubertät zu vergleichen, allerdings spielt der Sexualtrieb keine Rolle, lediglich die Tatsache, dass die beiden sich zunächst nicht schämen, obwohl sie nackt sind, wird erwähnt und dass sie sich eben schämen, als sie vom "Baum der Erkenntnis" gegessen haben. Die beiden Menschen verletzen das eine Gebot, das Gott ihnen gab, nämlich nicht von diesem Baum zu essen. Als Folge werden sie erwachsen mit allen Folgen, die das mit sich bringt: Sie verlieren ihre kindliche Unbefangenheit und müssen schließlich das "elterliche Haus" (den Garten) verlassen und ihr Leben selbst in die Hand nehmen. 

Kommen wir nun zu der von Ihnen genannten Erbsünde. Die ist ein theologischer Begriff. Er bezeichnet den Zustand der Trennung von Mensch und Gott durch eben dieses Essen vom verbotenen Baum. Schon der Kirchenvater Augustin vertrat die Ansicht, dass der Mensch sündig zur Welt kommt, eben weil wir die Erben dieser einen, ersten Sünde sind. Wie gesagt, von Sünde steht im Text nichts, es handelt sich um eine theologische Interpretation dieser Geschichte. Allerdings hat sich diese Interpretation sehr durchgesetzt. Auch die Reformatoren waren absolut davon überzeugt, dass jeder Mensch sündig zur Welt kommt. Genau darum braucht es eben die Taufe auf Jesus Christus, um die Menschen wieder mit Gott zusammenzuführen. 

Die Erbsünde hat allerdings ebenfalls wenig bis gar nichts mit Sexualität zu tun. 

Kommen wir schließlich zu den Hormonen und der Tatsache, dass sie uns List empfinden lassen. Von Hormonen weiß die Bibel freilich nichts. Allerdings sagt sie, dass der Mensch, wie er ist, eben von Gott geschaffen ist und für gut befunden wurde. Da sind freilich auch die Hormone mitgemeint. Sich schöne und lustvolle Gedanken zu machen, ist ebenso ein Teil von uns, wie die Verantwortung, die damit einhergeht, wenn es zum tatsächlichen Sex kommt. Und ja: Wer jemanden mit Lust anschaut, ist schon auf halbem Wege zum Sex mit dieser Person. Dennoch ist dieses Lustempfinden kein Zeichen für unsere Gottesferne, lediglich ein Zeichen für unsere Menschlichkeit. 

Wer das zusammenbringen möchte, kann das tun. Es ist aber, wie gezeigt, nicht die einzige Sichtweise.

Herzliche Grüße

Frank Muchlinsky

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