Strenger leben als Christin?

Friederike
aufgeschlagene Seiten einer Bibel formen ein Herz
© rahulp9800/Pexels

Hallo!

Ich habe eine Frage. Und zwar möchte ich als Christin strenger leben, also mehr Regeln, mehr nach Gott. Außerdem habe ich gelesen, dass in der Bibel steht, dass Frauen eine Kopfbedeckung tragen sollen, stimmt das? Und an welche Regeln könnte ich mich sonst halten? Oder welche Wiedererkennungsmerkmale als Christin gibt es, wie im Islam das Kopftuch? (Abgesehen von einer Kreuzkette, etc.)

Vielen Dank!

Liebe Friederike,

schön, dass Du es mit deinem Glauben ernst meinst! Ich kann nachvollziehen, dass Du diesen Glauben gern sichtbar praktizieren möchtest und nicht sozusagen "einfach glauben" willst. Es gibt im Christentum einige traditionelle Regeln, an die Du dich halten könntest, aber bevor ich die nenne, möchte ich dir kurz grundsätzlich etwas zu deinem Anliegen schreiben.

Es ist im Grunde die wichtigste Erkenntnis des christlichen Glaubens, dass nichts, was wir tun, dazu führen wird, dass es Gott beeindruckt. Schon in den ältesten erhaltenen Schriften des Christentums, den Briefen des Apostels Paulus, steht das geschrieben. Paulus setzte sich ständig mit der Frage auseinander, wie streng Christenmenschen sich an die Regeln zu halten haben, die ihnen die Bibel, vorschreibt. (Zur Erklärung: Für Paulus war es wie für Jesus: Ihre Heilige Schrift war das, was wir heute das Alte Testament nennen. Der erste Teil, die fünf Bücher Mose, sind die Tora. In der Tora stehen die Gesetze, die Gott seinem Volk durch Mose gab, zum Beispiel auch die Zehn Gebote. Paulus nennt die Tora darum "Gesetz".)

Hier ein Beispiel, wie Paulus das im Brief an die Gemeinde in Rom formulierte:
"Jetzt ist Gottes Gerechtigkeit offenbar geworden, und zwar unabhängig vom Gesetz. ... Es ist der Glaube an Jesus Christus, der uns die Gerechtigkeit Gottes zugänglich macht. Der Weg zu ihr steht allen Glaubenden offen. Denn in dieser Hinsicht gibt es keinen Unterschied: Alle sind schuldig geworden und haben keinen Anteil mehr an der Herrlichkeit Gottes. Sie verdanken es also allein seiner Gnade, dass sie von Gott als gerecht angenommen werden." Römer 3,21-24)

Paulus war ein frommer Jude und kannte sich aus mit der Tora. Durch seinen Glauben an Jesus Christus wurde ihm klar: Die Regeln, die Gott seinem Volk gab, sind nicht dafür da, dass man sich an sie hält, um vor Gott gut dazustehen. Dieser Ansatz unterscheidet das Christentum sehr deutlich zum Beispiel vom Islam. Christenmenschen sollen sich an Gottes Regeln halten, weil sie dankbar dafür sind, dass sie bereits durch ihren Glauben an Jesus Christus als "gerecht" vor Gott gelten. Es kommt also zuerst auf den Glauben an, dann auf die Taten. 

Wenn Du dich also an Regeln halten möchten, dann tue das bitte einfach, weil Du Gott dankbar bist, nicht, weil Du Gott dadurch näherkommen willst. Frage dich vor allem bei jeder Regel, die Du befolgen möchten: Was drücke ich damit aus? Kopftuch zu tragen, nur weil es eine Bibelstelle gibt, in der das gefordert wird, ist nicht sinnvoll. 

Du kannst in den beiden christlichen Fastenzeiten fasten, also in den vier Wochen vor Weihnachten und in den sieben Wochen vor Ostern. Verzichte auf Arbeit am Sonntag! Bete regelmäßig morgens und abends. 

All das hat gute Tradition im Christentum. Du kannst deine Ernährung insgesamt bewusst gestalten, weil Du dich als Teil von Gottes Schöpfung verstehst. Aber wenn Du gern Regeln einhalten möchtest, damit man dich als Christin erkennt, kann ich dir nur empfehlen, was Jesus im Johannesevangelium sagt: "Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch geliebt habe, damit auch ihr einander lieb habt. Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt." (Johannes 13,34-35) Also: Liebe! Das ist vielleicht das schwerste Gebot, die schwerste Regel, die wir erfüllen sollen, aber es ist definitiv auch die größte. Liebe soll das Erkennungsmerkmal von Christenmenschen sein. 

Herzliche Grüße!

Frank Muchlinsky

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