Umgang mit psychisch Kranken im Gottesdienst

Sylvia

Sehr geehrte Frau Löw, in unserer Gemeinde gibt es einen psych. kranken Menschen (vermutl. Schizophrenie), der schon mehrfach durch Zwischenrufe während des Gottesdienstes und aggressive Handlungen aufgefallen ist. Wie soll ich mich verhalten, wenn er bspw. beim Friedensgruss meine Hand gar nicht sieht und lieber seine eigene Geisterebschwörung macht oder bei Ansprache am Thema vorbeiredet? Man darf doch keinen ausgrenzen! Meine Angst beruht auf Erfahrung, ich wurde selbst schon einmal tätlich von einem psych. Kranken angegriffen, in meinem ehem. Wohnhaus kam es zu einem Tötungsdelikt im Wahn, obwohl der Täter seit Jahren betreut wurde und auch (mit Fehldianose) in Behandlung war. Ich kann mich nicht mehr auf den Gottesdienst konzentrieren, bekomme Schweissausbrüche und Panikattacken, schaue mich nach Fluchtmöglichkeiten um, schätze aber die Gemeinschaft und möchte nicht schon in jungen Jahren vor dem Rundfunkgottesdienst enden. Nur ist man ja nicht immer körperlich fit genug zur Gegenwehr oder Flucht. In einer großen mir bekannten Touristenkirche gibt es öfter psych. auffällige Besucher, welche dann vom Wachdienst weggeführt oder gar nicht erst eingelassen werden, bei uns nicht. Andererseits wage ich es nicht, das Thema anzusprechen, um nicht als behinderten-feindlich zu gelten.Was tun? Ich habe keine entspr. Ausbildung zum richtigen Umgang mit dieser Zielgruppe und die Polizei braucht im Ernstfall vllt. zu lange.

Liebe Sylvia,

das kann ich gut verstehen, dass, wenn Sie so schlimme Erfahrungen im Hintergrund haben, Sie sich unwohl fühlen.

Da ein Gottesdienst ein Gemeinschaftserlebnis ist, gehören Ihre Gefühle auch in diese Gemeinschaft hinein.

Ich würde keine Angst davor haben, als behindertenfeindlich angesehen zu werden. Sie  h a b e n  Angst. Dies hat mit ihrer Geschichte zu tun.

 Ich bin mir sicher, dass das alle Menschen in Ihrer Gemeinde verstehen.

 

Deshalb mein Rat:

  • Reden Sie mit den Menschen in Ihrer Gemeinde über Ihre Ängste und sagen Sie, dass sie sich so nicht mehr wohl fühlen.
  • Vertrauen Sie sich an.
  • Schauen Sie, dass Sie im Gottesdienstraum einen Platz haben, an dem Sie sich wohl und sicher fühlen.
  • Reden Sie auch mit dem Mann - am besten, wenn noch jemand auch dabei ist, dass Sie sich sicher fühlen. Wenn einem etwas oder wer vertraut und bekannt ist - hat man weniger Angst....

 

Viel Kraft und Gottes Segen für Sie.

 

Herzlich, Ihre Sabine Löw