Meine Mutter ist mit 64 Jahren kürzlich verstorben. Ich hatte keine Gelegenheit mich zu verabschieden.
Liebe Frau Parison,
mein herzliches Beileid.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht und kann dies nur erahnen. Zugehörige erzählen häufig von ihrem Schmerz darüber, sich von ihren Liebsten nicht verabschieden zu können. Selbst die Hoffnung auf die Auferstehung und auf ein Wiedersehen kann dieses Gefühl nicht einfach abschalten: Der verstorbene Mensch fehlt im Hier und Jetzt als Gegenüber.
Ich beobachte, dass es trauernden Menschen im Laufe der Zeit gelingt, Frieden mit dem nicht erfolgten Abschied zu schließen. Damit möchte ich Ihnen vorsichtig Hoffnung machen. Diesen Prozess durchlaufen Menschen auf sehr unterschiedliche Weise. Manchen hilft es, allein zu sein. Einigen hilft es, Erinnerungen zu teilen. Anderen hilft es, sich einer Trauergruppe anzuschließen.
Der Schmerz über den nicht erfolgten Abschied ist Ausdruck unserer Liebe zu dem verstorbenen Menschen. Meist erlebe ich, dass Zugehörigen eine neue Beziehung zu ihren Verstorbenen entwickeln. An besonderen Orten, in der Musik und in Erzählungen lebt der verstorbene Mensch auf. Insbesondere durch den Tod der Eltern entdecken Kinder, was von Ihren Eltern geblieben ist und was der Tod nicht auslöschen kann.
In dieser neuen Beziehung kann es geschehen, dass Hinterbliebene auf andere Weise Abschied nehmen können. Anders, als sie ihn sich gewünscht haben – und dennoch ein Abschied, der ihnen den ersehnten Frieden schenkt.
Ich wünsche Ihnen viel Kraft. Gott möge Sie in Ihrer Trauer halten und begleiten.
Herzlichst,
Ihre Helena Malsy