Glaubensbekenntnis contra Lukasevangelium

Baum-KIttlitz, Eva-Maria
Himmelfahrt
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Im Lukasevangelium heißt es in 23,43 als Zuspruch zu dem mitleidigen Mitgekreuzigten "Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein." Im Glaubensbekenntnis beten wir: "Hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten..." Wie bringe ich das zusammen? Die anderen drei Evangelien berichten dies nicht. Für eine freundliche Antwort bedanke ich mich im Voraus.

Liebe Frau Baum-Kittlitz,

 

Sie haben durchaus recht: Wenn man sich klar macht, dass Jesus erst am dritten Tag nach seiner Hinrichtung auferstanden ist und dann erst wiederum 40 Tage später in den Himmel aufgefahren ist, ist es nicht einleuchtend, warum er dem Verurteilten, der neben ihm am Kreuz hängt, verheißen kann, er würde mit ihm "noch heute" im Paradies sein. Dazu muss man nicht einmal die sogenannte "Höllenfahrt Christi" aus dem Apostolischen Glaubensbekenntnis bemühen. (Zu der habe ich übrigens hier etwas geschrieben, das Sie vielleicht nebenbei interessieren könnte.)

Dennoch gibt es eine – wie ich finde einleuchtende – Erklärung für diesen Widerspruch. Der Evangelist Lukas geht davon aus, dass in der Geburt Jesu Christi das Heil in die Welt gekommen ist. Das Heil ist also bereits da, bevor irgendjemand dazu "ja" sagt. Das tun dann immer mehr Leute. Es beginnt im Tempel, wo die zwei alten Leute Jesus das "Heil" nennen (Luk 2,21-40).

 

In der Geschichte von Zachäus wird später deutlich, was es mit dem "heute" bei Lukas auf sich hat. Das Heil ist in der Welt, und Zachäus bekennt sich zum ihm. Darum sagt Jesus zu ihm und den Umstehenden: "Heute ist diesem Hause Heil widerfahren, denn auch er ist ein Sohn Abrahams. Denn der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist." (Luk 19,9-10) Das Heil ist da, noch bevor Zachäus aktiv daran Anteil nimmt. Aber ab "heute", also als Zachäus aktiv wird, wird sozusagen auch das Heil für ihn aktiviert.

So ist es auch mit dem Verurteilten am Kreuz neben Jesus. Jesus sagt ihm nicht den Termin voraus, an dem er mit ihm im Paradies ist, sondern es geht um das Heute seines Glaubens. Durch sein Bekenntnis zu Jesus tritt er in die Gemeinschaft mit Jesus ein, die auch über den Tod hinaus besteht.

 

Ich hoffe, Sie können sich auf diese Argumentation einlassen, denn sie verlässt die Logik der kalendarischen Zeitrechnung und folgt der Logik einer theologischen "Heilszeitrechnung", in der vor allem die Anwesenheit des Heils eine Rolle spielt und der Moment, in dem sich jede und jeder Einzelne zu diesem Heil aktiv bekennt.

 

Herzliche Grüße!

Frank Muchlinsky

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