Bin ich unrein, wenn ich meine Tage habe?

Pia
Julia Caesar/Unsplash

Hallo Herr Muchlinsky,

Vielen Dank für Ihren tollen Einsatz auf dieser Seite!
Ich hätte eine Frage zu den Reinheitsgeboten, vor allem in Levitikus 15, wo es ja um die „Unreinheit" der Frau geht. Im Religionsunterricht meinte unser Lehrer, dass all diese Gebote ja irgendwie hinfällig wären und daher für uns Christen uninteressant. Genau erklären konnte er es aber meiner Meinung nach nicht Ich finde es total traurig, dass ich während meiner Periode vor Gott unrein sein soll und das passt auch nicht zu dem Gottesbild, das liebevoll ist. Könnten Sie mir den Zusammenhang erklären und warum wir Christen an diese Regeln (hoffentlich) nicht gebunden sind?
Vielen Dank und Grüße

Pia

Liebe Pia,

den Dank hat Frank Muchlinsky gerne angenommen.

Auf Ihre sehr konkrete Frage möchte ich Ihnen antworten: Zuerst einmal: Sie brauchen Ihr liebevolles Gottesbild auf keinen Fall revidieren!

Was Sie im 3. Buch Mose, Kapitel 15 ab Vers 19 lesen, das ist keine uneingeschränkte Charakterisierung von natürlichen biologischen Vorgängen, über die wir heute medizinische Details wissen und offen sprechen können. Ohne Abwertung können wir die Reinheitsgebote des Alten Testaments, die sich auf Ernährung und Sexualität beziehen, so lesen, dass sie der Ordnung dienten und Ergebnisse des Wissensstandes waren, den die Menschen damals hatten. Doch so, wie sie da stehen, bedeuten sie für uns heute nicht, dass wir sie strikt "anwenden".

Wichtig ist, dass wir mit dem Leben und Sterben Jesu Christi eine deutliche Erweiterung unseres Horizonts erfahren haben. Und das betrifft auch die Reinheitsgebote. Die urchristlichen Gemeinden waren aber noch viel "frischer" in einem Zwiespalt über die Gültigkeit und die Anwendung von Reinheits-Vorschriften. Einige von ihnen waren ja fromme jüdische Gemeindeglieder und gerieten nun in Konflikt mit den Vorschriften. In den neutestamentlichen Briefen gibt es auch darum recht klare Aussagen über die neue Sicht auf die Fragen nach der Reinheit. Drei Stellen nenne ich hier vor allem: Römer 14,14, Titus 1,15 und 1.Timotheus 4,4

Heute wissen wir, dass die Menstruationsblutung eine gute und sinnvolle Einrichtung der Natur ist - und dieses Wissen ist noch gar nicht so alt. Bis in das vergangene Jahrhundert hinein war man sich da nicht so sicher  - und das hängt sicher mit der wiederum natürlichen Angst der Menschen vor Blut zusammen, das ja nicht umsonst eine "Signalfarbe" hat. Viele unserer Großmütter haben als Mädchen noch gehört, dass die Schlagsahne nicht steif wird oder der Kuchen nicht gelingt, wenn eine Frau ihre Tage hat. Und diese Aussagen sind noch die harmloseren Vorbehalte gegenüber der immer etwas geheimnissvollen Regelblutung.

Sie dürfen also fröhlich eine Frau sein, liebe Pia, und müssen nicht über Ihre Reinheit grübeln. Unsere Körper und ihre Funktionen sind Wunderwerke und wir können in ihnen unseren Schöpfer erkennen, der uns mit all dem beschenkt hat.

Herzliche Grüße

Veronika Ullmann

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