Was ist das für eine Liebe?

Andi
Dornenkrone mit Blutstropfen
©Getty Images/iStockphoto/g215

Wie kann ein Vater derart grausam sein, dass er sein Kind an einem Kreuz sterben lässt und der Menschenheit dann auch noch erzählt wird, das sei "aus Liebe zu uns" zur "Vergebung unserer Sünden" geschehen? Was ist das für eine Liebe? Was läuft da verkehrt? Wo ist der Denkfehler?

Lieber Andi,

Ihre Frage ist groß! Sie sind in dieser Frage verbunden mit vielen anderen, die sie auch stellen. Es gibt - bis hinein in "normale" Kirchengemeinden landauf landab immer wieder Diskussionen darum. Diese Diskussionen nehmen zu, wenn sie auch nicht so "laut" geführt werden.

Ihre Frage ist auch deshalb groß, weil sie nicht mit einer einfachen Antwort zu beantworten ist. Sie ist grundlegend für das ganze Verständnis des Christentums. Daher bitte ich Sie um Verständnis, wenn ich nicht auf jeden Aspekt eingehe. Nur so viel: Es ist kein "Denkfehler" - das sicherlich nicht. Es sind die - sehr großen - Unterschiede im Denken von Menschen über einige tausend Jahre. Wir sind eine der ersten Generationen, die beginnt, auf der Basis eines sich sehr verändernden Lebensgefühls, diesen Jahrtausende alten Glaubensgrundsatz zu hinterfragen. Denn für viele von uns stimmt der Ausgangspunkt nicht mehr: Wir fühlen uns nicht mehr als "von einer Erbsünde belastet" und haben nicht mehr das Gefühl, als müssten wir Gott besänftigen. Darum erscheint dann wiederum diese Tat, also zuzulassen (oder gar "geplant" zu haben) , dass Gottes Sohn am Kreuz stirbt, so grausam.

Ich empfinde Ihre Frage und viele andere, die in diese Richtung gehen, als sehr berechtigt. Es ist die nötige Auseinandersetzung mit dem, was uns heute als Menschen wichtig ist. Wie spricht unser Glaube heute zu uns? Was kann er uns geben, wo bindet er uns, wo geht er mit unserem Leben mit und fängt das ein, was wir wirklich erleben und fragen?

Ich kann Ihnen nicht die EINE Antwort darauf geben. Wenn Sie Lust und Zeit haben, habe ich eine Empfehlung für Sie zum Nachlesen: https://www.ekd.de/ekd_de/ds_doc/fuer_uns_gestorben2015.pdf

Ein Gedanke von mir, der mir persönlich wichtig ist in dieser Frage: Der Kreuzestod Jesu Christi ist ein - wenn auch schwer verständliches und brutal erscheinendess - Zeichen, dass Gott endgültig ist. In allem. Auch in der größten Ferne von Gott selbst ist er da. Er ist in diesen Tod für immer mit allem verbunden, was Menschen auf dieser Erde erleiden müssen, was sie sich auch selbst untereinander zufügen. In Jesus stirbt Gott unseren Tod. Und wichtig - nicht zu vergessen: Dabei bleibt es nicht. Gott überwindet diesen Tod. Er lässt es Ostern werden. Das ist das Ziel. Wir bleiben nicht darin gefangen, sterben zu müssen und tot zu sein. Das Leben siegt.

Herzliche Grüße

Veronika Ullmann

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