Kircheneintritt für den Traumjob?

Olga
Kircheneintritt für den Traumjob
©Jörg Zabka

Seit ein paar Wochen arbeite ich für die Diakonie - ohne Mitglied in einer christlichen Kirche zu sein. Die Arbeit erfüllt mich, macht mir Spaß und ich tue etwas Nützliches. Mir wurde durch "Blume" gesagt, dass ich die Probezeit nur bestehe, wenn ich Mitglied in einer christlichen Kirche werde.
Ich schätze und lebe die christlichen Werte - bin aber in einer kirchenfernen Familie aufgewachsen. Redlichkeit und Ehrlichkeit sind mir wichtig. Wäre es unredlich, für den Traumjob in die Kirche einzutreten?

Liebe Olga,

Ihre Situation ist in der Tat verzwickt. Ich weiß nicht, in welchem Bereich Sie genau arbeiten, aber es ist schon richtig: Kirche und Diakonie haben das Recht darauf zu bestehen, dass bestimmte Angestellte Kirchenmitglieder sind. Hier ein Ausschnitt dazu aus den Seiten der Diakonie Deutschland:

Warum braucht die Diakonie ein eigenes Arbeitsrecht?

Weil es Ausnahmefälle gibt, die dadurch entstehen, dass Diakonie und Kirche nicht nur Arbeitgeber, sondern auch eine Religionsgemeinschaft sind. Und das Grundgesetz gibt Religionsgemeinschaften bestimmte Freiheiten. Für Mitarbeitende, die sonntags den Gottesdienst mitgestalten, kann zum Beispiel nicht das Sonntagsarbeitsverbot gelten.

Müssen Mitarbeitende evangelisch sein, um bei der Diakonie arbeiten zu können?

Menschen, die bei der Diakonie arbeiten möchten, müssen die Werte der evangelischen Kirche teilen, wie zum Beispiel die Nächstenliebe. Sie müssen dazu aber nicht unbedingt evangelisch sein. Nur Mitarbeitende, denen Aufgaben der Verkündigung, der Seelsorge oder der evangelischen Bildung übertragen sind, müssen evangelisch sein. Mitarbeitende der Leitung können auch einer anderen christlichen Kirche oder Freikirche angehören.

https://karriere.diakonie.de/faqs-zum-arbeitsrecht

Sie schreiben, dass Sie "die christlichen Werte schätzen und leben". Das ist auf jeden Fall eine gute Grundlage dafür, dass Sie auch weiterhin bei der Diakonie arbeiten, zumal Sie schreiben, dass Sie die Arbeit ausfüllt. Nun ist die Kirche kein Verein, in den man eintritt, weil man dessen Werte für richtig erachtet. Wer in die Kirche eintreten möchte, muss sich taufen lassen, und das ist ein religiöser Akt von großer Bedeutung. Die großen evangelisch-christlichen Kirchen haben 1973 in der sogenannten Leuenberger Konkordie ihre gemeinsame Vorstellung davon formuliert, was die Taufe bedeutet:

Die Taufe wird im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes mit Wasser vollzogen. In ihr nimmt Jesus Christus den der Sünde und dem Sterben verfallenen Menschen unwiderruflich in seine Heilsgemeinschaft auf, damit er eine neue Kreatur sei. Er beruft ihn in der Kraft des Heiligen Geistes in seine Gemeinde und zu einem Leben aus Glauben, zur täglichen Umkehr und Nachfolge (Ziffer 14).

Ich zitiere das hier, um deutlich zu machen, was für eine große Sache es für die Kirche ist, Menschen zu taufen und so zu Mitgliedern zu machen. Insofern sind Ihre Bedenken und Ihr Zögern durchaus berechtigt, wenn Sie mit dem christlichen Glauben bislang wenig Umgang hatten. Wer sich taufen lässt und redlich sein möchte, sollte durchaus an den christlichen Gott glauben.

Sicherlich ist der Glaube aber auch eine individuelle Angelegenheit, und was Jesus Christus für jede*n Gläubige*n bedeutet, ist höchst unterschiedlich. Darum schlage ich Ihnen vor, dass Sie sich einmal mit einer Pfarrerin oder einem Pfarrer direkt unterhalten. Die sind es letztlich, die Sie taufen müssten, und auch uns geht es um Redlichkeit und gleichzeitig darum, möglichst niemandem Türen zu verschließen. Unterhalten Sie sich über Ihre Situation und über das, was Sie glauben. Dann können Sie eine bessere Entscheidung treffen, ob Sie sich taufen lassen möchten oder nicht.

Wenn eine Taufe nicht infrage kommt für Sie, können Sie immer noch mit Ihren Vorgesetzten reden und schauen, was für Möglichkeiten noch bleiben.

Ich grüße Sie herzlich und wünsche Ihnen alles Gute für Ihre Zukunft – nicht zuletzt für Ihren Beruf. Und in diesen Tagen selbstverständlich auch für Ihre Gesundheit.

Frank Muchlinsky

Fragen zum Thema

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