Widersprechen gentechnisch veränderte Lebensmittel Gottes Auftrag?

Raphaela
Labor mit Lebensmittelproduktion in Petrischalen
© Getty-Images/iStockphoto/Scharfsinn86

Würden Sie sagen, dass gentechnisch veränderte Lebensmittel dem Herrschaftsauftrag, den Gott uns gab, widersprechen?

Liebe Raphaela, vielen herzlichen Dank für Ihre Frage!

Ein spannendes Gebiet, für dass Sie sich da interessieren! Als Christin verantwortungsbewusst zu leben, kann manchmal ganz schön kompliziert sein und manche Fragen lassen sich auf verschiedene Weise beantworten.  Die Frage nach der Gentechnik in der Lebensmittelerzeugung ist aus meiner Sicht so ein Fall. Sie fragen, ob der Einsatz von Gentechnik in der Nahrungsmittelindustrie Gottes Auftrag an uns Menschen widerspricht, die Erde zu beherrschen und zu bebauen, wie er in der Schöpfungsgeschichte steht. (1. Mose 1,28; 1. Mose 2,15)

Meistens wird dieser Auftrag Gottes vor Allem als ein Auftrag dazu verstanden, die Schöpfung und also auch unsere Erde, zu schützen und zu bewahren.

Der Einsatz von Gentechnik ist davon grundsätzlich erstmal nicht ausgenommen, allerdings entwickelt sich die Forschung auf diesem Gebiet ja ständig weiter und wir wissen über viele Auswirkungen der Gentechnik für die Landwirtschaft und die erzeugten Lebensmittel noch nicht gut Bescheid. Es gibt zahlreiche Stimmen, die in der Gentechnik große Gefahren sehen, weil wir zu wenig über die Folgen wissen.  Die meisten evangelischen Landeskirchen sind gegenüber dem Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft sehr kritisch eingestellt, weil langfristige ökologische Folgen kaum abzusehen sind, und man auch zu wenig über mögliche gesundheitliche Risiken beim Verzehr solch veränderter Lebensmittel weiß. Nähere Informationen dazu finden Sie zum Beispiel unter diesem Link.

Zugleich gibt es bei manchen Wissenschaftlern die Hoffnung, dass beispielsweise Hungersnöte und Dürrekatastrophen durch gentechnisch veränderte Pflanzen besser bewältigt werden können.

Auch können die Gründe zum Einsatz von gentechnisch verändertem Material in der Nahrungsmittelerzeugung ja sehr unterschiedlich sein: Auf der einen Seite können es wirtschaftliche Interessen sein, die eher die Gewinnmaximierung im Blick haben, auf der anderen Seite kann auch durchaus  das Anliegen im Hintergrund stehen, die Lebensbedingungen der Menschen und Tiere in den betroffenen Regionen verbessern zu wollen. Manchmal kommt auch beides zusammen.

Der Herrschaftsauftrag Gottes, wenn wir ihn denn als für uns verbindlich annehmen wollen und ihn als den Auftrag zur Bewahrung der Schöpfung verstehen, widerspricht also nicht prinzipiell dem Einsatz von Gentechnik in der Nahrungsmittelerzeugung. Der Theologe Manfred Kock drückt das so aus: „Von unserer Aufgabe her, die uns anvertraute Natur zu bebauen, zu bewahren und zu behüten, hätten wir keinen Grund, ein grundsätzliches Nein zum Gebrauch der Gentechnik zu sagen, aber allen Grund, diesen Gebrauch mit einer entsprechenden ethischen Reflexion zu begleiten.“ – den  ganzen Artikel, aus dem dieses Zitat stammt, finden Sie hier.

Wir sind also als Christen dazu aufgefordert, die Erde und das, was sie hervorbringt, nicht einfach blindlings zu benutzen und zu verbrauchen, sondern uns die Herkunft und die Erzeugung unserer Nahrungsmittel bewusst zu machen und danach mit unserem Gewissen zu entscheiden, was wir zu uns nehmen. Als Christin glaube ich, dass unsere menschlichen Vermögen begrenzt sind, auch wenn wir gewaltige technische Fortschritte und Errungenschaften machen. Man kann sich also auch immer fragen, ob alles, was möglich ist, auch dem Guten dient. Sicher gilt aber bestimmt: Riesige Monokulturen in der Landwirtschaft und weite Transporte von Lebensmitteln schaden mehr, als dass sie Gutes hervorbringen – ob mit Gentechnik, oder ohne.

Mit herzlichen Grüßen, Ihre Anna Scholz

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