Uwe
Sehr geehrter Herr Henning Kiene,
besten Dank für die Antwort auf meine Frage, wer ist ein Christ.
https://fragen.evangelisch.de/frage/101367/wer-ist-eine-christin-wer-ist-christ
Ich habe noch eine ähnliche Frage:
Warum schafft es Gott scheinbar nicht alle Menschen zu retten.
Warum haßt Gott Esau schon vor seiner Geburt und eben nicht nur Esau?
Ich denke, es gibt in der Bibel zumindest zwei Gruppen von Menschen. Menschen die Gott liebt und Menschen die Gott wie Esau haßt. Nicht nur im AT sondern auch im NT. Aber wer lenkt meine Gedanken? Und diese Gedanken hatte ich nicht immer.
Er (Jesus) schloss: »Deshalb habe ich zu euch gesagt: Niemand kann von sich aus zu mir kommen, wenn ihm das nicht der Vater möglich macht.«”
(Johannes 6:65, NeUe)
Eine Antwort, lese ich in der Bibel:
“Gott, der Vater, hat euch aufgrund seines Vorherwissens erwählt und durch das Wirken seines Geistes zu Heiligen gemacht, ‹zu Menschen›, die Jesus Christus gehorchen weil sie durch dessen Blut ‹von aller Schuld› gereinigt sind. Mögen Gnade und Frieden in Fülle bei euch sein!”
(1Petrus 1:2, NeUe)
Gott wählt Menschen aus, weil er weiß, wie er sie in der Zukunft lenkt wird. So verstehe ich das. Ich denke, und Gott lenkt mich in die falsche Richtung?
Die einen lenkt Gott in den Himmel, wie den Mitgekreuzigten (Lukas 23:43), die anderen wie Judas, Esau oder das Ehepaar aber eben nicht (Apg 5:4).
Sie schreiben:
Wer Christ ist, wer sich Christin nennen darf, entscheidet Gott, denn der Heiland will, "dass alle Menschen gerettet werden und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen." (1. Tim 2,4)
Bin ich so verstockt, dass ich 1.Tim 2 anders verstehe als sie es erklären? Ich verstehe, die Menschen sind schuld, dass die Herrscher sinnlose Kriege führen, die Gott nicht will.
Gott will, dass alle Menschen gerettet werden, aber die Menschen beten nicht für schlimme Götzenkaiser oder den Papst, der Luther mit dem Bann Gottes belegt. Ich bete nicht für Putin, und bin bestimmt nicht der einzige. Aber eigentlich weiß Gott vor Gründung der Welt was Putin machen wird. Kann mein Gebet etwas ändern? Gott kann es ändern wenn er es will, auch ohne mein Gebet.
Denn Gott ist nicht an das gebunden, was er in der Zukunft sieht. Gott kann jederzeit eingreifen und alles ändern (2Könige 20.6).
Ich will nicht die Bibel widerlegen, ich möchte meinen Glauben an Jesus wiederfinden.
Darum möchte ich mich bedanken für die Antwort, auf die Frage, wer ist ein Christ.
Sie geben sich viel Mühe und erzählen wie sie zu Ihren Glauben gekommen sind. Keine Pfingstgeschichte und auch nicht so wie Petrus die ersten Heiden zu Christen macht, obwohl die nicht beschnitten waren und Gottes Gesetz nicht kannten.
“Ich hatte kaum mit dem Reden begonnen, da kam der Heilige Geist auf sie, genauso wie damals am Anfang auf uns.”
(Apostelgescht 11:15, NeUe)
Bei Ihnen Herr Henning Kiene begann alles mit einem Abendgebet mit Ihrer Mutter. Auch mein Glaube begann mit meinen Eltern. Sie lehrten mich zum lieben Gott zu beten, der mich sieht und aus Liebe hilft. Mich mehr liebt, als meine Eltern es können. Was für ein Geschenk liebe Eltern zu haben, die hat nicht jeder.
Aber waren meine Eltern Christen? Oder nur Namenschristen, wie man das heute nennt. Das weiß nur Gott. Zur Kommunion ging ich eben auch wegen der Mitmenschen und weil meine Eltern es wollten. Ich habe mich nicht sehr für die Bibel interessiert und im Unterricht nicht immer aufgepasst. Die Bibel zwar gelesen, aber nicht darüber nachgedacht. Ein Namenschrist, obwohl es keine Ketzerverbrennung mehr gibt. Aber dann gab es doch viele Bibelstelle, die haben mich verändert. Mir wurde klar, ich kann mich nicht selber retten, ich brauche einen Retter. War das nicht auch der Glaube meiner Eltern? Ich erkannte wie sie, jeder Mensch hat einen Helfer. Ohne diesen Helfer, der mich sieht und der mir hilft kann ich keinen Tag überleben. Aber der Helfer verspricht mir nichts und ist sichtbar nur durch seine Werke. Diesen Glauben habe ich bis heute noch nicht verloren. Aber plötzlich erkannte ich in Jesus den Gott meiner Eltern. Ein Gott, den ich in jeder Kirche sehen kann, als Abbild. Und eben nicht nur in Kirchen. Ein Gott, der viel verspricht und der retten kann, wenn es sein Vater erlaubt. War das der Heilige Geist, der mich lenkte? Ganz allmählich, aber nun war die Bibel wichtig. Was mir noch fehlte an den Bibeltexten waren teilweise die Briefe in der Bibel und die Offenbarung des Johannes. Hatte ich doch nicht Gottes Geist, ich habe nicht alles verstanden, obwohl mir nun die Bibel wichtig war. Und noch schlimmer, dass was ich verstanden habe, hat mich an meinen Retter Jesus zweifeln lassen. Der auserwählte und gesalbte Saul hat Gottes Geist verloren, weil er Gottes Bann nicht vollendet hat. Gott als Helfer zu verlieren ist schlimm. Für David (Psalmen 22), für Jesus (Markus 15:34 und Matthäus 27:46) aber eben auch für mich. Aber die sieben Gemeinden in der Offenbarung verlieren nicht nur ihren Helfer Jesus. Jesus droht sie auszulöschen, ihr Feind zu werden, wenn sie nicht standhaft bleiben, oder nicht umkehren. War ihr Weg nicht vorherbestimmt? Sie, die sich wie ich auf den Retter Jesus verlassen haben, sollen sich selber retten, was kein Mensch kann?
“Denk einmal darüber nach, wie weit du davon abgekommen bist! Ändere deine Einstellung und handle so wie am Anfang! Wenn aber nicht, dann gehe ich gegen dich vor und stoße deinen Leuchter von seinem Platz weg.”
(Offenbarung 2:5, NeUe)
Ich denke, und Gott lenkt und Gott weiß vor Gründung der Welt, wohin er die Menschen lenkt? Die wenigen Christen in der Türkei sind anders, als die sieben Gemeinden. Aber besser?
“Ich kenne dein Tun, dein Lieben, deinen Glauben, dein Dienen und deine Geduld. Ich weiß auch, dass du heute noch mehr tust als früher. Doch den einen Vorwurf muss ich dir machen: Du unternimmst nichts gegen diese Isebel, die sich als Prophetin ausgibt. Und dabei verführt sie mit ihrer Lehre meine Leute zu sexueller Zügellosigkeit und zum Essen von Götzenopferfleisch. Ich habe ihr Zeit gelassen, ihre Einstellung zu ändern. Doch sie weigert sich, ihr lasterhaftes Leben aufzugeben. Darum werfe ich sie jetzt aufs Krankenbett. Und alle, die Sex mit ihr hatten, lasse ich in größte Not geraten, es sei denn, sie ändern ihre Einstellung und wenden sich von dem ab, was diese Frau tut. Isebels Kinder werde ich nicht am Leben lassen. Sie müssen sterben. Dann werden alle Gemeinden wissen, dass mir auch die geheimsten Gedanken und Wünsche nicht verborgen bleiben, und dass ich jedem von euch das gebe, was er verdient.”
(Offenbarung 2:19-23, NeUe)
Wünsche ich mir für Gott Menschen zu zerschmettern? Nein. Aber es gibt keine Völker mehr am Ende der Offenbarung die zerschmettert werden müssen. Das macht Jesus und die Engel in der Offenbarung selber.
Mit einen Mal verstehe ich die Bibel anders als meine Vorfahren. Bin ich so verstockt, dass ich nicht nur 1.Tim 2,4 anders verstehe? Die Bibel als Stolperstein? Hat Gott mir einen Lügengeist geschickt?
“›Ich werde als Lügengeist aus dem Mund aller seiner Propheten sprechen‹, erwiderte er. ›Gut, du darfst ihn verführen‹, sagte er, ›und du wirst es auch schaffen. Geh los und tu es!‹”
(1Könige 22:22, NeUe)
War es da nicht besser, über die Bibel nicht nachzudenken? An den Gott meiner Eltern zu glauben, der mir jeden Tag hilft, statt an Jesus zu zweifeln? Ich glaube immer noch an den Gott meiner Eltern und erlebe diesen Gott jeden Tag. Aber meine Eltern sind wie Hananias und seine Frau tot umgefallen (Apg 5:4). Ohne Petrus. Schlaganfall, sie wachten aus dem Koma nicht mehr auf. Ich betrüge wie meine Eltern.
Und doch waren meine Eltern ein Geschenk. Ich war trotzdem ungehorsam und habe selbst an die Liebe meiner Eltern gezweifelt. Und feige bin ich auch.
Aber Abraham betrügt den Pharao (1Mose 12:14) und der Feldherr Naeman seinen König (2Könige 5:18), weil er feige ist. Luther heiratet eine Nonne und bricht sein Versprechen. Und Petrus hat mehr Angst, dass ihn die Leute des Jakobus sehen, als das Gott ihn sieht (Galater 2:11+12). Betrüger und Feigling wie mich gibt es viele. Aber Gott behandelt sie nicht alle gleich. Muss Gott auch nicht (2Mose 33:19). Und mein Gott verspricht mir nichts, aber gibt mir mehr als ich verdiene.
Jakob habe ich erwählt, nicht Esau.
“Heißt das nun, dass Gott ungerecht ist? Auf keinen Fall! Er sagte ja zu Mose: »Ich schenke mein Erbarmen dem, über den ich mich erbarmen will, und mein Mitleid dem, den ich bemitleiden will.« Es kommt also nicht auf das Wollen und Bemühen eines Menschen an, sondern allein auf Gott und sein Erbarmen.”
(Römer 9:14-16, NeUe)
“Wir sehen also: Gott handelt ganz nach seinem Ermessen: Über den einen erbarmt er sich, den anderen lässt er starrsinnig sein.”
(Römer 9:18, NeUe)
“Ist der Töpfer nicht Herr über den Ton und kann aus derselben Masse ein Gefäß für die Festtafel machen und ein anderes für den Abfall?”
(Römer 9:21, NeUe)
Er (Jesus) schloss: »Deshalb habe ich zu euch gesagt: Niemand kann von sich aus zu mir kommen, wenn ihm das nicht der Vater möglich macht.«”
(Johannes 6:65, NeUe)
Eben zwei Gruppen von Menschen.
Kann der Pharao sich rühmen Abraham reich gemacht zu haben, statt ihn zu töten, obwohl er erkannte, dass er betrogen wurde?
Kann Esau sich rühmen, dass er Jakob verzeiht und ihm das Erbe überlässt?
Aber sowohl der Pharao als auch Esau können, wenn Gott es will, Gott danke, für alles was Gott ihnen gegeben hat. Der Pharao wird nicht so verstockt, wie bei Mose.
Das gilt auch für mich und meinen Gott. Der Herr hat es gegeben, der Herr hat es genommen. Aber an eine Hölle glaubt weder Hiob noch Abraham. Aber von Gottes Thron haben sie auch nicht geträumt. Haben Hiob oder Abraham ihren Kampf nicht bestanden? Gibt Gott ihnen mehr als er verspricht?
“Wer den Kampf besteht, dem werde ich das Recht geben, mit mir auf meinem Thron zu sitzen, so wie auch ich den Kampf bestanden und mich mit meinem Vater auf seinen Thron gesetzt habe.”
(Offenbarung 3:21, NeUe)
Nicht nur Hiob oder Abraham hatten keine Angst davor, dass Gott sie reich macht und dafür bestraft (wehe den Reichen). Ich auch nicht, obwohl mir klar ist, alles was mein Gott mir geschenkt hat besitze ich mit meinem Tod nicht mehr.
Wichtig ist nur die Liebe die ich von meinem Gott bekomme und nicht der Reichtum.
Die Erkenntnis, dass ich mich nicht selber retten kann, hat meinen Glauben an einen lieben Gott groß gemacht. Die Erkenntnis, dass es vorherbestimmt sein kann, dass mein Retter Jesus mein Feind werden kann, war wie ein Schalter. Nun finde ich laufend in der Bibel etwas, was nicht stimmen kann. Nur Gott kann mir helfen, aber vielleicht benutzt er Menschen dafür. So wie Gott meine Eltern benutzt hat und viele andere Menschen.
Mit freundlichen Grüßen von Uwe
Lieber Uwe,
sehr geehrter Fragesteller,
für Ihre Zustimmung zu meiner Antwort danke ich Ihnen von Herzen. Nun antworten Sie mir mit einer Frage, die weit ausholt und von Ihrer umfassenden Bibelkenntnis gekennzeichnet ist. Bitte erlauben Sie mir eine kurze Antwort und verzeihen Sie bitte, dass ich nur Ihre zentrale Frage beantworte und auf die zahleichen Einzelfragen nicht eingehe. Mein Tipp an Sie: In Ihrer Kirchengemeinde an Ihrem Wohnort wird es eine passende Gelegenheit geben, diese Details in einem Bibelkreis oder einem Glaubenskurs zu besprechen.
Sie gehen davon aus, dass es Gott nicht gelingt alle Menschen zu retten. Das Wörtchen "scheinbar" verrät mir das. Sie nehmen eine Ihrer persönlichen Beobachtungen und schließen von Ihren persönlichen Erleben auf das Ganze. Warum muss die Welt genau so sein, wie ausgerechnet ich sie sehe? Warum muss ich die Perspektive, aus der Sie die Bibel lesen, mit Ihnen teilen? Vielleicht ist ja auch alles ganz anders? So lese ich viele Verheißungen der Bibel: Die Bibel redet mir meine persönlich Weltsicht aus, öffnet meinen Horizont, damit ich mich nicht auf mein persönliches "Scheinbar" verlassen muss.
So ist es auch mit Esau. Zweifellos zitiert der Apostel Paulus: "Jakob habe ich geliebt, aber Esau habe ich gehasst." (Römer 9,13) Das ist ein harter Satz, dann geht es im folgenden Vers im Romerbrief weiter. Paulus schreibt: "Was wollen wir hierzu sagen? Ist denn Gott ungerecht? Das sei ferne! Denn er spricht zu Mose: "Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig; und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich." So liegt es nun nicht an jemandes Wollen oder Laufen, sondern an Gottes Erbarmen." (Römer 9,14-16) Die Möglichkeit, dass ein Mensch von Gott nicht erlöst wird, stellt der Apostel sofort selbst in Frage. Paulus besteht auf Gottes Erbarmen, das ist die Brille, durch die er das Evangelium versteht. Scheinbar ist eben nur scheinbar.
Ich hatte das Glück erwähnt, dass meine Mutter mit mir gebetet hat. Das ist wirklich für mich ein persönliches Glück gewesen, denn ich wusste aus dem Gebet, das Mutter sprach, dass die "Augen dein" über mich, mein Bett und meinen Schlaf wachen. Es gibt also etwas, das jenseits jedes Scheinbaren die Welt bewacht. Kindliches Beten hilft Gott eine andere Sichtweise auf mein Leben zuzutrauen.
Dass Sie persönlich verstockt sind, halte ich für unwahrscheinlich. Uns beide verbindet die Suche nach Antworten auf die kleinen und großen Fragen, vor die uns das Leben stellt.
Auf diesem gemeinsamen Weg leitet uns beide die Hoffnung, dass alles Leid, Krankheit, Gewalt und Krieg überwunden werden. Warum? Ich bleibe bei der Antwort, die Sie kennen: "Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen." (1. Timotheus 2,4) Und füge die zentrale Botschaft der Offenbarung des Johannes hinzu: "Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein." (Offenbarung 21,4)
Ich wünsche Ihnen eine Woche vor Pfingsten, die von der Erwartung des Heiligen Geistes erfüllt ist, Ihr Henning Kiene