Muss ich mich zwischen Liebe und Glauben entscheiden?

Bianca
Frau formt Herz Zeichen mit den Händen im Sonnenlicht
Getty Images/iStockphoto/PeopleImages

Einen schönen guten Tag,

ich weiß nicht genau, wie ich anfangen soll, und bin schon etwas hoffnungslos, dass mir überhaupt irgendwer „richtige“ Antworten geben kann.
Ich bin schon seit meiner Kindheit gläubig, habe aber erst seit einigen Monaten intensiver die Bibel gelesen. Am Anfang hatte ich auch das Gefühl, eine bessere Bindung zu Gott und den richtigen Weg gefunden zu haben.
Jedoch hat sich dies in den letzten Wochen – fast Monaten – zu einem immer stärker werdenden Druckgefühl entwickelt, bis hin zur Angst. Vor allem habe ich das Gefühl, das Falsche zu tun, Gottes Willen zu widersprechen oder gar ungehorsam zu sein.

Ich bin in einer Beziehung mit einem ungläubigen (christlich aufgewachsenen), liebevollen Menschen, und wir haben auch Geschlechtsverkehr vor der Ehe. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich persönlich habe bzw. hatte überhaupt nichts dagegen.
Wir haben schon viele Gespräche geführt und konnten uns auch auf Kompromisse einigen – was beispielsweise die Erziehung angeht – und auch sonst bin ich der Meinung, dass die Liebe im Vordergrund steht und es wichtig ist, dass wir in grundlegenden Werten übereinstimmen.
Er unterstützt mich in meinem Glauben, so gut er kann, und würde mich nicht absichtlich davon abbringen.

Jedoch setzen mich viele christliche Personen und bestimmter Content auf YouTube unter Druck und vermitteln das Gefühl, dass diese Beziehung nicht richtig ist oder nicht lange gut gehen kann.
Mir ist es grundsätzlich wichtig, was Gott dazu sagt, denn letzten Endes sieht er in unsere Herzen hinein und entscheidet anhand individueller Situationen, was das Richtige ist.
Ich habe ihn schon sehr oft darum gebeten, mir zu zeigen, was sein Wille ist, und habe versucht, es in seine Hände zu legen.

Leider bin ich sehr durcheinander wegen anderer Christen, die auf der einen Seite A und auf der anderen Seite B sagen. Auch verwirren mich bestimmte Zeichen Gottes.
Für mich ist momentan alles sehr widersprüchlich, und ich habe das Gefühl, dass mich die Aussagen und Glaubensrichtungen mancher Christen eher von meinem Glauben abbringen als stärken.
Ich weiß momentan gar nicht, wie ich Gott sehen soll und ob er möchte, dass ich mich zwischen meiner Liebe und dem, was in der Bibel steht, entscheide – und mich deswegen so unter Druck gesetzt fühle.

Ich habe das Gefühl, wenn ich gewisse Dinge nicht umsetze, wie es die Bibel verlangt, dann wendet Gott sich von mir ab oder liebt mich nicht mehr.
Ich weiß leider auch nicht mehr, worauf ich hören soll oder nicht – zumal mich das Ganze psychisch sehr belastet und langsam auch die Beziehung darunter leidet.

Ich danke Ihnen schon mal für Ihre Antwort und Ihr Verständnis!
Ich finde Ihre anderen Beiträge sehr liebevoll und schön gestaltet – diese haben mir bisher schon sehr geholfen. Danke!

Liebe Grüße,
Bianca

Liebe Bianca,

es tut mir sehr leid, dass Sie sich so sehr unter Druck fühlen. Wer eine neue Beziehung eingeht, sollte sich fröhlich und unbeschwert fühlen dürfen. Ich will gern versuchen, Ihnen etwas von diesem Druck zu nehmen.

Ich bin der Überzeugung, dass Sie sich nicht zwischen Ihrem Partner und Gott entscheiden müssen. Wer so etwas behauptet, hat ein sehr bestimmtes Gottesbild, das ich nicht teile. Ich weiß wohl, dass es in den sozialen Medien und überall Menschen gibt, die ihren Glauben an einen kompromisslosen Gott als den einzig richtigen verbreiten. Und ja, wenn man an einen Gott glaubt, der bei bestimmten Handlungen unsererseits den Daumen senkt und uns verdammt, dann wird es auch mit der Partnerwahl schwierig – denn dann braucht man jemanden, der die Dinge und Gott genauso sieht.

Je klarer ich meine, zu wissen, was genau Gott ist und was er will, desto weniger bereit bin ich selbst, Kompromisse einzugehen. Aber das sollte nicht Ihr Problem sein. Es ist das Problem derer, die selbst nicht anders können. Sie sind es, die anderen in Gesprächen oder in Videos einreden wollen, Beziehungen zwischen Menschen, die unterschiedlich glauben, würden nicht funktionieren. Wie gesagt, bei ihnen mag das sogar stimmen – aber es ist keine allgemeingültige Aussage. Gern führen sie auch an, dass Gott solche Ehen gar nicht will. Keines der Argumente, die sie anführen, ist stichhaltig. Zu diesem Punkt habe ich einmal eine Frage beantwortet. Hier ist der Link.

Sie schreiben ja bereits, dass Sie und Ihr Partner in einer liebevollen Beziehung sind, dass Sie über Ihre Unterschiede – auch im Glauben – sprechen und bereit sind, Kompromisse einzugehen. Weiter so!

Nun noch zu der Frage, ob Sie bestimmte Dinge nicht befolgen, die die Bibel von Ihnen fordert, und zu den Zeichen, die Sie sehen: Sie können ganz sicher sein, dass Sie ganz viele Dinge nicht befolgen, die in der Bibel gefordert sind. Der Grund dafür ist nicht, dass Sie ein besonders schlechter Mensch wären, sondern einfach, dass Sie ein Mensch sind. Schauen Sie ruhig immer wieder kritisch auf das, was Sie tun. Fragen Sie sich, ob Sie hier und da noch liebevoller sein könnten. Üben Sie Nächstenliebe! Aber glauben Sie nicht eine Sekunde lang, dass Sie jemals aus der Liebe Gottes herausfallen könnten.

Und schauen Sie nicht nach Zeichen, die Ihnen Gott geben könnte! Das führt nur dazu, dass Sie in alles etwas hineindeuten – und leider ist unser Geist so gestrickt, dass wir meistens etwas Schlimmes in die „Zeichen“ hineininterpretieren. Nehmen Sie Ihren Partner lieber in den Arm – lang und innig – und fragen Sie sich, ob sich das richtig anfühlt.

Gott segne Sie und Ihre Beziehung!
Frank Muchlinsky

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