Sehr geehrter Herr Pastor Muchlinsky,
In der Evangelischen Kirche hieß der Sonntag nach Ostern "Quasimodogeniti", der darauf "Misericorias Domini". In der katholischen Kirche heißt der Sonntag nach Ostern "Weißer Sonntag", beziehungsweise neuerdings "Barmherzigkeitssonntag" ...
Woher und seit wann kommen die bei uns gebräuchlichen lateinischen Namen der Sonntage, bitte? Und weshalb sind sie in der katholischen Kirche nicht gebräuchlich?
Herzlichen Dank im Voraus,
Gottes Segen und gute Wünsche in dieser verrückten Zeit!
Ingeborg Diffiné
Liebe Frau Diffiné,
die lateinischen Namen haben eine lange Tradition und werden in der evangelischen Kirche wie in der römisch-katholischen verwendet. Sie leiten sich ab von den ersten Worten des jeweiligen "Introitus" ab, das ist der Bibelvers, der beim Einzug in die Kirche gesungen wird. Zum Beispiel: "Quasi modo geniti infantes, halleluja, rationabile sine dolo lac concupiscite, halleluja." ("Wie neugeborene Kinder, Halleluja, verlangt nach der vernünftigen, unverfälschten Milch, Halleluja." 1 Petr 2,2a).
Die Namen der Sonntage hat die evangelische Kirche auch dort beibehalten, wo der Gottesdienst nicht mehr als Messe gefeiert wird. Auch in der katholischen Kirche heißen die Sonntage immer noch so, nur haben sie zusätzliche Namen erhalten. Weil traditioneller Weise in der Osterzeit getauft wurde und die Erstkommunion an diesem Sonntag gefeiert wird, tragen Täuflinge, Firmlinge und Priester an diesem Sonntag weiße Gewänder. Es ist der "weiße Sonntag".
"Barmherzigkeitssonntag" heißt der Sonntag ebenfalls zusätzlich und zwar seit dem Jahr 2000. Seitdem wird der erste Sonntag nach Ostern in der römisch-katholischen Kirche auch als "Fest der Barmherzigkeit Gottes" gefeiert.
Ähnliche "Doppelnamen" gibt es auch in der evangelischen Kirche: So heißt der Sonntag "Misericordias Domini" (nach "Misericordias Domini in aeternum cantabo." ("Ich will singen von der Gnade des Herrn ewiglich." Ps 89,2) in der evangelischen Kirche auch "Hirtensonntag", weil das Motiv vom Guten Hirten an diesem Sonntag im Mittelpunkt steht.
Hier noch eine Übersicht der lateinischen Namen der Sonntage der Osterzeit:
- Quasimodogeniti
- Misericordias Domini
- Jubilate
- Kantate
- Rogate
- Exaudi
Dann kommt Pfingsten. Der Merksatz für die Abfolge der Namen ist so kurios, dass ich ihn hier auch noch gern aufschreiben will: "Quitten müssen junge Christen roh essen."
Verrückt waren die Zeiten anscheinend immer schon auf ihre Weise.
Alles Gute auch für Sie!
Frank Muchlinsky
Neuen Kommentar hinzufügen