Kann ein evangelisch getauftes Kind orthodox umgetauft werden?

H. Schneeberg
Foto zwei Erwachsenen mit Taufurkunde und Kerzen bei orthodoxer Taufe
©Getty Images/iStockphoto/Vasil Dimitrov

Ab wann kann eine Umtaufung vorgenommen werden? Unsere Enkelin ist 12 Jahre alt und evangelisch getauft. Die Mutter möchte gerne, dass sie griechisch- orthodox umgetauft wird.

Liebe Frau Schneeberg,

die religiöse Erziehung von Kindern ist in Deutschland durch ein Bundesgesetz geregelt. Das Gesetz über die religiöse Kindererziehung regelt, bis zu welchem Alter die Eltern über die religiöse Erziehung ihres Kindes bestimmen dürfen. Hier steht auch, dass ein Kind mit 14 religionsmündig ist. Das heißt, ab diesem Lebensjahr dürfen Kinder selbst die Religion oder Konfession wählen, der sie angehören wollen. Darum feiern die evangelischen Kirchen die Konfirmation mit 14, weil die Jugendlichen dann auch vom Gesetz her selbst Ja sagen können zu ihrer Kirche und ihrem Glauben. 

In dem genannten Gesetz gibt es aber noch eine zweite Regelung, und die wird in Ihrem Beispiel wichtig. In §5 heißt es: „Hat das Kind das zwölfte Lebensjahr vollendet, so kann es nicht gegen seinen Willen in einem anderen Bekenntnis als bisher erzogen werden.“ (Gesetz über die religiöse Kindererziehung, § 5). Insofern stellt sich die Frage, die Sie haben, eigentlich andersherum. Wenn die Mutter Ihrer Enkelin ihr Kind in eine andere Konfession überführen möchte, muss ihre Enkelin dem zustimmen. Sie ist alt genug, um Nein zu sagen, wenn sie nicht zum griechisch-orthodoxen Glauben wechseln möchte. 

Hinzu kommt, was die Taufe betrifft: Wenn eine Person von der evangelischen in die griechisch-orthodoxe Kirche übertreten will, braucht es nicht unbedingt eine erneute Taufe. Nach lutherisch-evangelischem Verständnis ist das ohnehin undenkbar, denn die Taufe ist einmalig und gilt für immer. Die Taufe in den evangelischen Kirchen in Deutschland wird grundsätzlich mit Wasser und im Namen des Dreieinigen Gottes durchgeführt. Nun kann es sein, dass das jemandem mit einem orthodoxen Verständnis nicht ausreicht. Dann wird in einer so denkenden Gemeinde eine Wiedertaufe oder eine Salbung mit Öl verlangt. Zu beidem kann ihre Enkelin bereits Nein sagen, wenn sie das nicht möchte. 

Lassen Sie mich noch eine persönliche Anmerkung hinzufügen. Gegen einen Übertritt von einer in eine andere Konfession habe ich nichts einzuwenden, wenn man sich dort mehr zu Hause fühlt. Ich halte es allerdings für bedenklich, einer anderen Konfession abzusprechen, dass ihre Taufe gültig ist. 

Herzliche Grüße!

Frank Muchlinsky

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