Wie stehen Sie zum Umgang mit Missbrauchsfällen?

Peter M.

Hallo Frau Scholz,
wie stehen Sie zu so einem Fall? Ein Kollege von Ihnen
hat anscheinend einen damals 15 jährigen Jungen missbraucht.
Nach 5 Jahren wurde er in Rente geschickt und muss 2.500€
Geldstrafe an den jetzt jungen Mann zahlen.
Was soll ich von einer Kirche halten, die solche Vorgänge
unterstützt/bzw. nicht wirklich aufklärt. Wenn es keine
Beweise für dieseTat gibt, muss das so klar gesagt werden.
Es kann nicht sein, dass eine bloße Anschuldigung reicht,
egal ob von einem Kind oder einer Frau.
Aber die Aussage des Kollegen, er könne
sich nicht mehr genau an das Geschehen erinnern, ist für
mich schon ein Schuldeingeständnis.
Ich kann solch einer Kirche nichts mehr glauben.

Lieber Peter,

danke für Ihre Frage, mit der Sie ja ein Thema berühren, dass die Öffentlichkeit schon seit einiger Zeit beschäftigt.

Der von Ihnen angesprochene konkrete Fall ist mir nicht geläufig, aber ich verstehe Ihre Frage auch eher so, dass es Ihnen darum geht, wie ich zu solchen Fällen überhaupt stehe. Ganz persönlich kann ich Ihnen nur antworten, dass mich der Umgang der Kirchen mit den Missbrauchsfällen- und opfern oft beschämt und ich mir eine größere Offenheit in der Aufklärung und Ahndung solcher Straftaten wünschen würde, als es gelegentlich geschieht. Ich kann Ihre Empörung also gut verstehen! Menschen, denen andere Menschen anvertraut sind oder waren, haben sich in vielen Fällen schuldig gemacht und kommen, zumindest scheint es manchmal so, mit "milden" Maßnahmen davon, wohingegen die Geschädigten lebenslange Verletzungen erlitten haben und damit Leben müssen. Ja - mich erschreckt und beschämt das auch!

Ich persönlich würde mir wünschen, dass alle diese Fälle aufgeklärt und ggf. auch strafrechtlich verfolgt würden.

Zugleich möchte ich daran festhalten, dass die "Täter (und Täterinnen)" nicht "die Kirche" sind, sondern eben Menschen, die Straftaten begangen haben. Das macht die einzelnen Fälle nicht besser. Aber es hilft mir, zu differenzieren.

Ich bin froh, dass es inzwischen in vielen Landeskirchen Einrichtungen zur Missbrauchsprävention gibt, die sich auch mit den strukturellen Gegebenheiten innerhalb der Institution Kirche beschäftigen, die solches Unheil möglicherweise begünstigt haben. Ich kann nur inständig hoffen, dass es hilft, zu dieser Verantwortung zu stehen.

Ihre Anna Scholz

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