Wie steht es mit der Frauenordination?

Sandy
Frauen in Talar
© epd/Jens Schulze

Hallo.

Ich sehe, dass Sie Pastorin sind und das interessiert mich - es scheint ja weit verbreitet zu sein, dass Frauen nicht öffentlich Lehren sollen o.ä. Wie sehen Sie es?

Gab es geschichtlich damals Regeln, die das verbaten und Leute/Diener, die die Kirchen kontrolliert haben - und Paulus deshalb dies verbot, da er sehr regeltreu war? Sowas klang aus einem Kommentar zum Worte des Dieners an, das würde es ein wenig aufheben.
Dennoch scheinen sehr viele, die sich auch stark damit beschäftigt zu haben (z.B. Pastoren), gegen öffentliche Lehre und Leitung der Frauen zu sein. Wie kann man fundiert und akkurat dort das Gegenteil finden?

Ich persönlich habe mich noch nicht sehr damit beschäftigt, deswegen interessiert mich umso mehr was andere, vor allem studierte, dazu sagen.

Liebe Grüße,
Sandy

Liebe Sandy,

danke für Ihre Frage!

Das Thema von Frauen in geistlichen Ämtern ist in der Tat ein sehr umstrittenes. Nicht nur zwischen den Konfessionen, auch im internationalen Christentum gibt es da große Unterschiede. In der Mehrheit der christlichen Kirchen gibt es keine Frauenordination. In manchen protestantischen, altkatholischen und anglikanischen Kirche, aber auch in manchen Freikirchen, ist es dahingehend mittlerweile recht etabliert, dass Frauen in der Kirche leiten. In der evangelischen Kirche Deutschlands steigt der Anteil der Pfarrerinnen zunehmend. Obwohl in vielen Landeskirchen erst vor über 50 bis 75 Jahren Frauen ordiniert worden sind, nähert sich der Frauenanteil langsam den 40% an. In der schwedischen Kirche gibt es mittlerweile sogar mehr Pfarrerinnen als Pfarrer.

Historisch ist es so, dass die Welt und damit auch die Religion viele Jahre von Männern geprägt wurde. Frauen waren nur für bestimmte Aufgaben vorgesehen. Insbesondere Leitungsämter wurden in vielen Kulturen mit Männern besetzt. Es gibt nur wenige Völker, in denen das anders ist. Auch in der Bibel lesen wir vor allem von Männern als Herrschern und Königen - doch es gibt Ausnahmen. Vereinzelt treten auch Prophetinnen und Richterinnen auf. Frauen sind es, die manchmal entscheidende taktische Schachzüge umsetzen und das Volk Israel befreien.

Auch Jesu zwölf Apostel waren Männern. Ein Problem ist, dass Jesus selbst keine Frau als Apostelin ernannte. Petrus sollte sein Nachfolger werden. Darauf berufen sich manche, wenn sie gegen eine Frauenordination eintreten. Überliefert ist allerdings, dass Frauen zu Jesu Anhängerschaft gehörten. Sie unterstützten ihn sogar mit ihrem Geld und ihrem Besitz (Lukas 8,1-3). Auch am Ostermorgen sind es die Frauen, die Jesus finden und als erste die gute Nachricht verbreiten (Markus 16,1-8).

Und zur Zeit vom Apostel Paulus gab es Frauen, die Hauskreise leiteten oder als Diakoninnen tätig waren. Bis in das Mittelalter hinein lässt sich nachweisen, dass Frauen als Diakoninnen in der Kirche wirkten. Das Priestertum gab es zu der Zeit noch nicht, wohl aber die Ämter des Bischofs und des Gemeindevorstands, die männlich besetzt waren. So oder so gibt es in der Bibel auch kritische Stimmen gegen Frauen in geistlichen Ämtern:

"Wie in allen Gemeinden der Heiligen sollen die Frauen schweigen in den Gemeindeversammlungen; denn es ist ihnen nicht gestattet zu reden, sondern sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz sagt. Wollen sie aber etwas lernen, so sollen sie daheim ihre Männer fragen. Es steht einer Frau schlecht an, in der Gemeindeversammlung zu reden." (1. Kor 13,33-35)

Diese Bibelstelle wird häufig als Argument gegen die Frauenordination angeführt. Da Paulus ja aber durchaus Frauen als Diakoninnen kannte und schätzte, ist unklar, wie das Ganze zu verstehen ist. Manche meinen, es ging Paulus ganz konkret darum, dass in Korinth Frauen den Gottesdienst mit ihrem Quatschen gestört haben und er nun darum bittet, Fragen doch zuhause zu stellen - ähnlich, wie wenn ein Lehrer um Ruhe im Unterricht bittet.

In einem späteren Brief des Timotheus heißt es zudem: "Einer Frau gestatte ich nicht, dass sie lehre, auch nicht, dass sie über den Mann herrsche, sondern sie sei still." (1. Tim 2,12). Auch diese Stelle wird häufig als Argument gegen Frauen in geistlichen Ämtern angeführt.

Die ersten Christen taten sich also aufgrund der geltenden Gesellschaftsform mit Frauen in geistlichen Ämtern schwer. Auch im Mittelalter waren Frauen nur in Frauenklöstern ein leitendes Amt gestattet - dann aber konnten sie recht viel Einfluss besitzen und später sogar als Heilige verehrt werden. Dafür ist die Heilige Odilie mit ihrem Odilienkloster ein Beispiel im Elsass. In das zu der Zeit entstandene Priesteramt wurden allerdings nur Männer ordiniert - nur in einigen von der Kirchenlehre abweichenden Gruppierungen wurden auch Frauen zugelassen.

Mit der Reformation veränderte sich langsam das Frauenbild. Auch Frauen sollten die Möglichkeit zur Bildung erhalten. Außerdem galt das Priestertum aller Gläubigen, aller Menschen unabhängig vom Geschlecht. In der Brüderngemeinde und in der Heilsarmee wurden im 18./19. Jahrhundert die ersten Frauen in Ämter eingesetzt. Mit der Frauenbewegung im 20. Jahrhundert setzte sich die Frauenordination dann nach und nach durch. Lange Zeit galt für evangelische Pfarrerinnen in Deutschland die Ehelosigkeit, da ja bis in die 70er Jahre die Männer darüber entscheiden konnten, ob ihre Frauen berufstätig werden konnten und sie den Haushalt führen sollten. Aber in den letzten Jahrzehnten hat sich das zum Glück gewandelt!

Da ein unterschiedliches Schriftverständnis die Grundlage der Diskussion zur Frauenordination ist, ist es schwer, Argumente dagegen oder dafür zu finden. Gegner und Gegnerinnen berufen sich auf die Bibel, Befürworter und Befürworterinnen argumentieren mit der Ebenbildlichkeit Gottes aller Menschen, die wichtige Rolle der Frauen in der biblischen Verkündigung und außerdem damit, dass nach der Taufe Geschlecht, Herkunft und Status keine Rolle mehr spielen:

Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus. Gehört ihr aber Christus an, so seid ihr ja Abrahams Nachkommen und nach der Verheißung Erben. (Gal 3,27-29)

Die Debatten halten bis heute an. Gerade in der katholischen Kirche wird gerade intensiv darüber konferiert, ob Frauen in das Priesteramt zugelassen werden sollen. Ich bin gespannt, in welche Richtung es sich entwickeln wird!

Bleiben Sie behütet,

beste Grüße

Johanna Klee

 

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