Trans* und Christ sein

Noah
Person mit Lidschatten in Farben der Trans-Fahne
© Kyle/Unsplash

Hallo Herr Muchlinsky,

Ich bin trans* und in enger Bindung zur evangelischen Kirche und meiner Gemeinde aufgewachsen.
Als ich mich als trans* geoutet habe, hatte ich große Sorge, nicht von Gott und der Kirche akzeptiert zu werden. Ich habe mit vielen Gläubigen und Kirchenmitgliedern lange Gespräche über das Thema geführt und war positiv überrascht von der Offenheit und Toleranz unserer Glaubensgemeinschaft.
Jedoch reichten mir diese Gespräche irgendwann nicht mehr aus, um mich von Gott akzeptiert und geliebt zu fühlen. Ich brauchte eine eindeutige Aussage, am liebsten von Gott selbst.
Ich fand schließlich das Buch "Jesus liebt trans*" von Klaus-Peter Lüdke und mit dem Buch eine fast endgültige Antwort auf meine Frage.
Heute bin ich trotz meiner negativen Erfahrungen und dem Leid, das viele Trans*Personen immer wieder erfahren, der festen Überzeugung, dass Gott ALLE seine Kinder liebt und auf JEDEM Weg begleitet. Egal ob trans*, schwul, bisexuell, lesbisch...

Ich komme nun endlich zu meinen eigentlichen Fragen an Sie:

Kennen Sie das Buch/den Autor?
Wenn ja, wie ist Ihre Meinung dazu?

Was würden Sie einer jungen Trans*Person sagen, die aufgrund von Diskriminierung und Hasserfahrungen an Gottes Liebe und Unterstützung zweifelt?

Ich danke Ihnen für die Möglichkeit Antworten auf wichtige Fragen zu finden und freue mich auf Ihre Antwort!

Hallo Noah,

ich kann sehr gut verstehen, dass Du am liebsten eine Antwort von Gott selbst hättest, in der Du gesagt bekommst: "Ja, ich liebe dich!" Vielleicht hat Gott dir diesen Satz ja sogar bereits "gesagt", denn Du schreibst ja, dass Du mittlerweile der festen Überzeugung bist, dass Gott alle seine Kinder liebt. Ich höre in diesem Satz, dass Gott dir bereits viel von seiner Liebe gezeigt hat.

Leider gibt es immer wieder Menschen, die Gottes unendliche Liebe endlich machen wollen. Sie meinen, aus der Bibel lesen zu können, dass Gottes Liebe Grenzen hat. In der Regel geht es dabei aber um ihre eigenen Grenzen. Wer Probleme mit queeren Menschen hat, versucht leider häufig, Gott auf die eigene Seite zu ziehen. Wer Probleme mit Trans*Personen hat, macht es ebenso.

Es ist für uns beschränkte Menschen schwierig, sich so etwas Unbegrenztes wie Gott vorzustellen. Das fängt schon mit unserer Sprache an. Du und ich, wir haben beide irgendwie "selbstverständlich" von Gott als "Er" gesprochen, dabei ist die Vorstellung von Gott als unserem "Vater" nur ein Hilfsmittel, damit wir ausdrücken können, wie Gott für uns sorgt. Gott ist ebenso unsere "Mutter", die uns zur Welt bringt und uns tröstet. Gott hat kein Geschlecht, weil "G*tt" eben unbegrenzt ist.

Nun zu deinen konkreten Fragen: Ich kenne das Buch von dem Kollegen Lüdke nicht, aber ich habe zwei Artikel von ihm gelesen, in denen er vorstellt, wie sich die Bibel "queer lesen" lässt. Hier sind die beiden Links: "Josef und ihre Geschwister" und "Nehmt einander an!" In beiden Artikeln führt Klaus-Peter Lüdke vor, dass man in der Bibel Stellen finden kann, in denen Transidentität oder Intergeschlechtlichkeit eine Rolle spielen könnten. Er zeigt weiterhin, dass es sich lohnt, diese Stellen einmal unter genau diesem Aspekt anzuschauen und zu lesen. Vor allem in dem Artikel über "Josef und ihre Geschwister" macht er deutlich, welche Chancen sich daraus ergeben, die entsprechenden Bibelstellen so zu lesen. Klaus-Peter Lüdke schreibt sehr einfühlsam und bleibt immer "anschlussfähig", das heißt, er macht deutlich, dass sein Ansatz einer von vielen ist, der sich aber eben lohnt.

Zur zweiten, konkreten Frage, was ich einer jungen Trans*Person sagen würde, die aufgrund von Diskriminierung und Hasserfahrungen an Gottes Liebe und Unterstützung zweifelt.
Zunächst einmal sollten wir uns immer wieder klarmachen, dass Hass und Diskriminierung Zeichen unserer menschlichen Beschränktheit sind. Wir sind eben nicht wie Gott, sondern sind Geschöpfe mit endlichem Leben, endlichem Verstand und endlicher Liebe. Wer also Hass erfährt, leidet unter dem, was uns von Gott trennt. Wer sich Gott hingeben will, wird versuchen, die eigenen Grenzen so weit zu machen, wie es nur irgendwie geht. Das bedeutet zu lieben, als gäbe es keinen Hass. Und dabei will uns Gott unterstützen.

Herzliche Grüße!

Frank Muchlinsky

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