Guten Tag,
als Christ freue ich mich bei allem Zweifel an meinem Glauben und bin überzeugt, dass er vieles heilen kann. Es fällt mir jedoch schwer zu akzeptieren, dass es nur „unseren“ Glauben, den christlichen Glauben als „Heilsweg“ geben soll. Diese Ausschließlichkeit leuchtet mir auch deshalb nicht ein, weil es die von Gott geschaffene Vielfalt der Kulturen und religiösen Ausprägungen derselben ad absurdum führt. Daher die Frage: Halten Sie einen anderen als den christlichen Weg zum Heil, zu Gott, für möglich? Oder muss man tatsächlich getauft sein?
Lieber Herr Caspar,
ich möchte in Ihren ersten Satz einstimmen: Unser Glaube sei fröhlich, heilsam und er lasse Zweifel zu! Christliche Glaubensgewissheit sollte genau dies sein: Die Gewissheit, dass der eigene Glaube gut ist, ein echter Weg zu Heil. Ich selbst kann mir keinen anderen Glauben vorstellen, der mich dermaßen erfüllt. Das hat natürlich seine Gründe. Ich bin so aufgewachsen. Meine Mutter hat abends mit mir gebetet, wir gingen dann und wann in die Kirche, ich war getauft, hatte christlichen Religionsunterricht, später kam der Konfirmationsunterricht hinzu. In meiner Kirchengemeinde fand ich Freundschaften. Ich fühlte mich zunehmend wohl in Christentum und Kirche. Warum sollte ich mich anderweitig umsehen? Für mich war und ist das Christentum der (einzige) Heilsweg. Warum sollten das Menschen, die in anderen religiösen zusammenhängen aufwachsen, von ihrem Glauben nicht ebenso denken?
Problematisch wird es, wo die Religionen anfangen, einander abzusprechen, dass die anderen Wege ebenfalls zum Heil führen können. Nun weiß ich natürlich, dass gerade die monotheistischen Religionen wie Christentum, Judentum und Islam dazu neigen, ihren jeweiligen Weg des Glaubens für den einzig Richtigen zu erachten. Wir bekennen alle den einen Gott, neben dem es keine anderen gibt, aber für das Judentum hat sich Gott letztgültig in der Tora offenbart, für das Christentum in Jesus Christus und für den Islam im Koran. Über die verschiedenen, jeweils gültigen Offenbarungen führen die verschiedenen Wege zum Heil, und diese Wege schließen einander teilweise aus.
Hinzu kommen entsprechende Sätze in unseren heiligen Schriften, die uns dazu auffordern, auf keinen Fall andere Wege zu beschreiten. Im Grunde genommen sind Religionen darauf ausgerichtet, sich als den einzigen Weg zu verstehen. Aber genau hier kommt der Zweifel ins Spiel, den Sie ja auch bereits angesprochen haben. Dabei meine ich in diesem Fall nicht so sehr den Zweifel daran, ob das, woran ich glaube, überhaupt richtig ist. Ich meine vielmehr den Zweifel als göttliche Gabe. Meinem Glauben nach atmen wir Gottes Geist. Er lässt uns leben, lässt uns lieben und lässt uns kreativ sein. Zweifel ist eine Form von Kreativität. Ich zweifle zum Beispiel gern daran, dass Gott sich beschränken lassen würde. Warum sollte sich Gott, der Schöpfer von Allem, von uns Menschen in den Rahmen von Ausschließlichkeit pressen lassen? Religionen sind gut, denn sie helfen uns, Gott in Gemeinschaft zu verehren. Das ist auf keinen Fall zu unterschätzen! Aber wollen wir Gott wirklich vorschreiben, ob er auch andere Wege zu sich zulässt oder nicht?
Ich glaube und bekenne, dass die Taufe ein wundervoller Weg ist, zu Gott zu kommen. Ich glaube und bekenne ebenso, dass sich Gott selbst aussucht, in welcher Form das noch möglich ist.
Freuen Sie sich weiterhin an Ihrem Glauben! Das wünsche ich Ihnen.
Frank Muchlinsky