Wo steht in der Bibel, dass Gott für alle da ist?
Lieber Wolfgang,
Ihre Frage wirkt auf mich wie ein Blitz aus heiterem Himmel und frage mich nach dem Hintergrund Ihrer Frage und spekuliere, dass Sie am Montag - vielleicht kurz vor dem Feierabend - in einer Diskussion unter Kolleginnen oder Kollegen mit dieser Frage konfrontiert worden sind. Dann würde ich mit der Bergpredigt Jesu antworten und aus der Bergpredigt zitieren: "Denn er - der Vater im Himmel - lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte." (Matthäus 5,45) Gottes Handeln wendet sich - so Jesus - grundsätzlich an alle Menschen.
Wenn Sie sich allerdings auf ein Gespräch - vielleicht in Ihrer Gemeinde - vorbereiten und etwas gründlicher argumentieren wollen, dann möchte ich Sie zusätzlich auf die Spur setzen, die der Epheserbrief legt. Im Epheserbrief geht es im dritten Kapitel um die Frage, wer Anteil hat an der Verheißung Gottes. Der Apostel weitet den Adressatenkreis über die Grenze der Gemeinde aus. Früher, vor Jesus Christus, sei das nicht bekannt gewesen, aber seit Jesus Christus kann es jede und jeder wissen: Heidinnen und Heiden sind Miterben und gehören "zu seinem Leib". Also ist mit Jesus Christus offenbar geworden, was schon immer auf dem Plan stand: Den Reichtum Christi "für alle ans Licht zu bringen, wie Gott sein Geheimnis ins Werk setzt, das von Ewigkeit her verborgen war in ihm, der alles geschaffen hat" (Epheser 3,9).
Möglicherweise geht es Ihnen auch um Folgendes: Unsere Kirche spricht in vielen politischen Debatten mit und besetzt auch weltliche, allgemein ethische Themenfelder mit einer eigenen Position. Kirche wird häufig auch als unbequeme Stimme erlebt, die für die Menschen spricht, deren Stimmen öffentlich kein Gehör finden. Jesu Wort: "Ihr seid das Salz der Erde" (Matthäus 5,13) verpflichtet Christinnen und Christen über den Zirkel der eigenen Gemeinde hinaus das Wort zu ergreifen und für weltliche, auch politische Themen, Positionen zu entwickeln. Es gibt viele ethisch, politische und weltliche Debatten, zu denen der Glaube einen Beitrag leisten kann.
So gebe ich drei Antworten auf Ihre Frage, die mich wie ein Blitz aus heiterem Himmel erwischt hat und für die ich Ihnen herzlich danke,
Ihr Henning Kiene