Betreten einer katholischen Kirche

Andrea H.
Innenraum einer katholischen Kirche aus der Froschperspektive
© epd-bild/Matthias Rietschel

Da ich der evangelischen Kirche angehörig bin, möchte ich wissen, wie ich mich beim Betreten einer katholischen Kirche verhalte. Die Katholiken segnen sich mit Weihwasser und machen ein Kreuzzeichen mit der Taufformel.

Liebe Andrea,

über Ihre Frage muss ich nicht lange grübeln, denn vor einigen Tagen habe ich mit katholischen Freunden unsere katholische Schwesterkirche im Nachbardorf besichtigt. Es war am Sonntagnachmittag bei einem Spaziergang, wir waren angenehm überrascht, dass die Kirche - obwohl es draußen schon dunkel wurde - noch geöffnet war.  "Hier ist täglich offen", lasen wir. Unsere Freunde bekreuzigten sich und verharrten vor dem roten Licht, das am Altar flackerte. Für mich wäre es nicht richtig gewesen, wenn ich den Kreuzritus nachgeahmt hätte. Aber einen Moment still verharren und am Altar einen Augenblick zu stehen, um zur Ruhe zu kommen, das war gut.

Der Respekt ist für das Zusammenleben der Konfessionen wichtig und gegenseitige Toleranz ist Pflicht. Aber ein "Nachmachen" ist nicht nötig. 

Dann habe ich die Stationen des Kreuzweges betrachtet, die die Wand zieren, und eine Kerze entzündet, leise gebetet und wir sind gemeinsam aus der Kirche heraus gegangen und haben unseren sonntäglichen Spaziergang fortgesetzt. Unsere Freunde erzählten von den festlichen Messen an den Feiertagen und über schöne - schon lange zurückliegende - Jahre in der Gruppe der Messdienerinnen und Messdiener. Bei uns sind Katholiken eine Minderheit, aber sie sagten, ihre Gemeinde sei gerade gewachsen, weil viele polnische Familien zugezogen sind und das Kirchenleben bereichern. 

Ich bin mir sicher, dass die Freunde mir sofort erklären würden, wie das mit dem Wasser und dem Kreuz geht, aber sie finden das offenbar nicht nötig. Das ist Toleranz, wenn man erträgt, dass der andere Mensch es anders macht.

Wenn ich als Gottesdienstbesucher an der Messfeier teilnehme, dann setze ich mich in das hintere Drittel der Kirche. Ich mache dann genau das mit, was die anderen, die vor mir sitzen, machen, ich singe auch die liturgischen Antworten mit. Die Unterschiede zum evangelisch-lutherischen Gottesdienst sind ja wirklich klein. Allerdings nehme ich - ohne direkte Aufforderung - nicht an der Eucharistie teil. Ich habe im Kontakt mit Katholiken nie erlebt, dass ich mich irgendwie an die Riten anpassen sollte. Aber: Gegenseitiger Respekt ist der Anfang der persönlichen Ökumene. 

Also: Gehen Sie hin, Sie sind gewiss willkommen und werden - auch durch Nachahmung und Zurückhaltung - genau das Richtige tun. 

Freundlich grüßt Sie,

Ihr Henning Kiene 

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