Sagt es etwas über Gott aus, wie die Welt eingerichtet ist und was in ihr geschieht? So eine Transparenz der Welt. So etwa wäre dann ein politischer Konflikt als Zorn Gottes zu verstehen. Sagt also die Welt etwas darüber aus, wie wir uns Gott vorzustellen haben?
Liebe Frau Sch.,
nein, so einfach ist das nicht. Das Christentum geht davon aus, dass sich Gott auf eine einmalige und sehr bestimmte Weise den Menschen offenbart, also sich gezeigt hat, nämlich in Jesus Christus. Wie Gott ist, wie wir ihn uns vorstellen, hängt darum ausschließlich davon ab, wie wir das gültige Zeugnis dieser Offenbarung, also die Bibel, auslegen.
Noch einmal in anderer Reihenfolge, weil es so wichtig ist: Gott hat sich den Menschen gezeigt, indem er in Jesus Christus Mensch wurde. Davon und wie es dazu kam berichtet die Bibel. Weil die Bibel als das einzige gültige Zeugnis gilt, muss sich alles, was man über Gott sagt, daran messen lassen, was die Bibel über Gott aussagt.
Jesus warnt davor, den Menschen zu vertrauen, die in dem, was auf der Welt geschieht, das Handeln Gottes erkennen wollen (zum Beispiel in seiner Rede zum Kommen des Reiches Gottes Lk 17,20-37). Was die Menschen tun, tun sie von sich aus. Wir können uns Gott – auch gestützt auf die biblischen Texte – durchaus als zornig vorstellen, oder als verzweifelt oder als eifersüchtig. Aber zu sagen, dies zeige sich darin, was gerade in der Welt geschieht, ist nicht zulässig, sondern eine Anmaßung.
Letztlich ist unser Gott – so viele heftige Gefühle ihm auch zugeschrieben werden – vor allem derjenige, dem es um Versöhnung geht. Dafür hat er in die Geschichte eingegriffen und ist zur Welt gekommen mit allen Konsequenzen. Aber weder Erdbeben noch Kriege noch politische Konflikte sagen etwas darüber aus, wie Gott sich gegenwärtig wohl fühlt.
Mit herzlichen Grüßen
Frank Muchlinsky