Dürfen der Pfarrer oder die Pfarrerin bei dem Abendmahl minderjährigen Kindern Wein austeilen oder nur Traubensaft?
Liebe Frau Meyer,
Das Jugendschutzgesetz, das den Ausschank von Alkohol an Jugendliche regelt, betrifft nicht den Gottesdienst. Es regelt vielmehr den Verkauf und die Abgabe in Gaststätten und Verkaufsstätten. Für die Vollständigkeit zitiere ich dennoch hier einmal den entsprechenden Paragraphen:
Jugendschutzgesetz (JuSchG) § 9 Alkoholische Getränke
(1) In Gaststätten, Verkaufsstellen oder sonst in der Öffentlichkeit dürfen
1. Branntwein, branntweinhaltige Getränke oder Lebensmittel, die Branntwein in nicht nur geringfügiger Menge enthalten, an Kinder und Jugendliche, 2. andere alkoholische Getränke an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren weder abgegeben noch darf ihnen der Verzehr gestattet werden.
(2) Absatz 1 Nr. 2 gilt nicht, wenn Jugendliche von einer personensorgeberechtigten Person begleitet werden.
(Quelle: www.gesetze-im-internet.de)
Wie bereits erwähnt, bezieht sich der Paragraph nicht auf gottesdienstliche Handlungen. Im Abendmahl wird eben kein Wein "ausgeschenkt". Vielmehr wird im Abendmahl ein Sakrament gefeiert, im Zuge dessen ein kleiner Schluck Wein gereicht wird.
Dennoch ist die Kirche natürlich kein rechtsfreier Raum, und seitdem auch Kinder unter 14 Jahren in vielen Gemeinden zum Abendmahl zugelassen werden, wird in den Gemeinden, in denen das üblich ist, selbstverständlich auch Traubensaft zum Abendmahl gereicht. Ich habe Ihre Frage weitergeleitet an die EKD, weil ich es genau wissen wollte, und Oberkirchenrat Dr. Stephan Goldschmidt (aus dem Kirchenamt der EKD und aus der Geschäftsführung der Liturgischen Konferenz) schrieb mir auf Ihre Frage: "Aus kirchenrechtlicher Sicht muss der Kirchenvorstand einer Gemeinde die Entscheidung treffen, ob Kinder zum Abendmahl eingeladen werden. In diesem Zusammenhang wird sinnvollerweise auch die Verwendung von Traubensaft oder zumindest der Möglichkeit, neben Wein Traubensaft zu erhalten, besprochen. Pfarrer und Pfarrerinnen sind an diese Beschlüsse des Kirchenvorstands gebunden."
Wie Sie sicherlich wissen, sind die Regelungen innerhalb der Evangelischen Kirche nicht immer einheitlich. Es gibt von Gemeinde zu Gemeinde ebenso Unterschiede wie zwischen den einzelnen Landeskirchen. Doch überall gilt, dass wir mit dem Abendmahl ausgesprochen sorgsam umgehen. Das bedeutet auch, dass wir, wenn wir Kinder zum Abendmahl zulassen, die noch keinen Wein trinken sollen, Traubensaft reichen.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Muchlinsky