Sehr geehrter Frank Muchlinsky!
Ich bin momentan sehr verwirrt - in einem Brief des Paulus las ich von der sogenannten Todsünde und hörte dort das erste mal davon. Hier las ich, dass nur die katholische Kirche zwischen Todsünde und normaler Sünde unterscheidet. Wie ist das?
Gibt es auch in der evangelischen Kirche Sünden, die nicht vergeben werden können?
Und wenn ja, welche?
Jesus spricht davon, dass die Beleidigung des Heiligen Geistes nicht vergeben werden kann.
Aber wie soll ein Mensch, der eine Todsünde begangen hat, überhaupt noch weiterleben?
Nach katholischem Verständnis hätte ich eine Todsünde begangen - ich habe beleidigende Gedanken gehabt.
Ich würde mich über baldige Antwort freuen!
Ihre Sarah
Liebe Sarah,
das Wort Todsünde kommt in der Bibel nicht vor. Dass die katholische Kirche zwischen Todsünden und lässlichen Sünden unterscheidet, hat nicht zuletzt mit der Beichtpraxis zu tun. Das erklärt auch, warum es in der evangelischen Kirche nicht üblich ist, diese Unterscheidung vorzunehmen. Ees geht hier darum, zwischen solchen Sünden zu unterscheiden, die Gott mir durch meine Reue vergibt (lässliche Sünden) und solchen, bei denen ich das Sakrament der Beichte brauche, damit mir vergeben werden kann. Das sind die sogenannten Todsünden. Solche Sünden sind also keineswegs "todeswürdig" oder werden von Gott mit dem Tod bestraft, sondern, wer absichtlich eine schwere Sünde begeht, verlässt dadurch die lebensspendende Nähe Gottes. Man läuft Gott davon, der das Leben ist, und begibt sich sozusagen selbst in die Nähe des Todes. Aber auch diese Sünden können sämtlich – auch nach katholischem Verständnis – bei entsprechender Reue durch die Beichte vergeben werden. So gnädig ist Gott unserer Vorstellung nach. Man kann in die Nähe des Lebens zurückkehren.
Es geht also nicht um Sünden, die nicht vergeben werden können – auch nicht bei Todsünden. Was die sogenannte Sünde wider den Heiligen Geist angeht, so steht dieses Jesuswort in einem sehr eindeutigen Zusammenhang. Ich habe das hier schon einmal beschrieben. Ich erlaube mir, das zu zitieren:
Jesus unterscheidet selbst zwischen sich und dem Vater genauso wie zwischen sich und dem Heiligen Geist. Die beiden treten in den Evangelien sozusagen nebeneinander auf. Zum Beispiel bei der Taufe Jesu (Mt 3,16 Und als Jesus getauft war, stieg er alsbald herauf aus dem Wasser. Und siehe, da tat sich ihm der Himmel auf, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube herabfahren und über sich kommen.). Jesus ist im Matthäusevangelium weniger „eins mit dem Heiligen Geist“, als vielmehr „Träger des Heiligen Geistes“.
Darum kann Jesus auch zwischen sich und dem Heiligen Geist unterscheiden, wenn er sagt: (Mt 12,32) „wer etwas redet gegen den Menschensohn, dem wird es vergeben; aber wer etwas redet gegen den Heiligen Geist, dem wird's nicht vergeben.“ Mit anderen Worten: „Gegen mich könnt ihr lästern, nicht aber gegen den Geist, durch den ich böse Geister austreibe.“
Denn das ist ja der Zusammenhang dieses Wortes: Dass die Pharisäer behaupten, der Geist,, durch den Jesus böse Geister austreibt, sei der “Beelzebul“, der oberste der bösen Geister. Das ist der Grund, warum Jesus so wütend reagiert: Weil seine Gegner den Geist Gottes, der durch ihn wirkt, und mit dem das Reich Gottes in die Welt kommt, lästern, ihn verunglimpfen. Das ist für Jesus unverzeihlich. Insofern kann man sagen: Nur wer das Heilshandeln Gottes in der Welt dem Teufel zuschreibt, der begeht die „Sünde wider den Heiligen Geist“.
(Aus der Frage "Sünde wider den heiligen Geist?")
Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen und grüße Sie herzlich!
Frank Muchlinsky