Liebe Frau Klee,
vor vier Jahren wurde bei meinem Mann eine Krebsdiagnose gestellt. Durch schnelles Eingreifen und eine kurzfristige OP konnte der Tumor noch in einer überschaubaren Phase entfernt werden.
Seitdem sind die Nachsorgeuntersuchungen (GOTT SEI DANK) Befund frei.
Im Sommer desselben Jahres starb eine meiner besten Freundinnen an Krebs.
Nun ist es so, das ich seit dieser Zeit extreme Ängste um die Gesundheit meines Mannes habe und seine Angst (er hat nach der OP keine Hilfe in Anspruch nehmen wollen) mir schwer "auf die Seele" fällt, da ich mich hilflos fühle, weil ich sie ihm nicht abnehmen kann. Ich sehe, wie er mit den Tränen kämpft und jede körperliche Ungewöhnlichkeit beachtet. Mittlerweile hat er eine langjährige Jugend-Freundin wiedergefunden, mit der er über die (Todes- und ) Lebensängste sprechen kann, da sie in anderer Hinsicht ähnliche Krankheitserfahrungen durchleiden musste.
Für diesen Menschen bin ich dankbar.
Mein Mann und ich vertrauen Gott und Jesus Christus sehr und haben schon oft erfahren, wie gnädig und gütig ER uns begleitet. Es macht mich daher sehr unglücklich, wenn ich "trotz" dieser positiven Erfahrungen, in den Situationen, in denen ich die Angst meines Mannes spüre, so hilflos bin und mich so verloren, gemeinsam allein und zweifelnd fühle.
Ich frage mich dann, ist mein Gottvertrauen nicht stark genug, um in diesen Situationen ohne Verzweiflung und innerem Zittern und Verzagen bestehen zu können?
Was kann ich tun, um meinem Mann zu helfen, ihm eine Partnerin zu sein, die ihm Zuversicht und Mut vermittelt? Was kann ich tun um ihm dieses Damoklesschwert der Angst abzunehmen?
Ich bete täglich um Beistand und Hilfe, aber die Ängste werden immer mächtiger in meinem Leben. Bin ich Gott zu fern?
Liebe Alexandra,
herzlichen Dank für Ihre Frage. Mich trifft es sehr, was Sie beschreiben. Die Krankheit Ihres Mannes, die alltägliche Sorge um ihn und um Ihre gemeinsame Zukunft, der Tod Ihrer besten Freundin. Das ist sicherlich alles andere als leicht! Was für eine schwere Last Sie tragen!
Gerade in dieser Zeit tut es gut, zu den eigenen Gefühlen zu stehen. Sie dürfen trauern und zweifeln, Sie dürfen Angst haben, sich ohnmächtig fühlen, verzweifeln und mit Gott hadern. Ich glaube es ist wichtig, diese Gefühle wahr- und anzunehmen. Sie sind da und gehören zu Ihnen.
In der Bibel gibt es viele Geschichten, in denen sich Menschen trotz ihres Glaubens fürchten. Sie haben Angst. Sie zweifeln an Gott. So zum Beispiel die Frauen am Ostermorgen: Sie sehen das leere Grab, hören von der Auferstehung - und haben erst einmal Angst (Mk 16,1-8). Und vor lauter Angst schweigen sie und erzählen nichts von der Auferstehung. Sie sind gelähmt vor Angst, sie fühlen sich ohnmächtig und hilflos. Und trotzdem geht die Geschichte ja weiter, denn schließlich verbreitet sich das Evangelium. Es braucht auch die Furcht, damit das Licht der Auferstehung umso stärker strahlen kann.
Die Angst gehört zu unserem Leben. Sie sagt: Etwas ist nicht in Ordnung. Sie macht uns aufmerksam für uns und für andere. Sie lässt uns vorsichtiger werden und sorgt bestenfalls für einen gesunden Umgang mit Kankheit und Tod. Natürlich kann die Angst auch zu groß werden, zu mächtig. Dann ist es gut, sich sowohl Gott im Gebet anzuvertrauen, als auch auch das Gespräch mit Freundinnen und Freunden zu suchen. Sie sagen selbst, das Gespräch mit der Jugend-Freundin tut Ihrem Mann gut. Vielleicht können Sie sich noch anderen Menschen anvertrauen, damit Sie sich in Ihrer Situation weniger allein und verloren fühlen. Dazu gehören auch Gespräche zu Seelsorgerinnen oder Therapeuten. Gott handelt auch durch andere Menschen, durch ihre Liebe.
Ich hoffe, dass Sie diese Liebe spüren können und sich nicht mehr so von Gott verlassen fühlen.
Ich wünsche Ihnen und Ihrem Mann Gottes Segen,
bleiben Sie behütet,
Johanna Klee