Schwur

Anita...

Ich habe auf meine Tochter geschworen, dass ich sie blind neben meine tote Tante lege ...dass ich nie wieder zu meiner Mutter gehe zu Besuch...jetzt will ich sie doch besuchen...
Wenn ich mich nicht dran halte, passiert es echt meiner Tochter ?

Liebe Anita,

das ist ja eine ziemlich belastende Situation, die Sie da schildern. Ich verstehe Sie so, dass Sie, vermutlich aufgrund eines Konflikts, geschworen haben, nie wieder Ihre Mutter zu besuchen und um das zu bekräftigen, gesagt haben, dass wenn Sie das doch tun, Ihrer Tochter ein Leid widerfahren soll. Nun haben sich die Dinge offenbar geändert: Sie möchten Ihre Mutter doch wieder besuchen - fürchten nun aber, der Schwur könne sich erfüllen und Ihrer Tochter könnte ein Unheil geschehen.

Zunächst mal möchte ich Sie entlasten: Zwischen dem von Ihnen ausgesprochenen Schwur und dem Ergehen Ihrer Tochter besteht kein unmittelbarer Zusammenhang. Sie können also Ihre Mutter besuchen, ohne, dass ihre Tochter deswegen erblindet oder Ähnliches.

Die Bibel kennt verschiedene Umgangsweisen mit dem Schwören. In der altorientalischen Kultur, in der viele biblische Texte ihren Ursprung haben, war das Schwören als gesellschaftliche Praxis verbreitet. Nähere Informationen dazu finden Sie hier. In der biblischen Weisheitsliteratur, zum Beispiel im Buch des Predigers  wird das Schwören insgesamt aber sehr skeptisch gesehen und auch im Matthäusevengelium Kap 5,33ff. im  Neuen Testament wird davon abgeraten, überhaupt zu schwören. Dahinter steht die Erfahrung, dass ein Schwur eine ernste Sache ist, mit der man ein Anliegen unbedingt bekräftigen will. Zugleich ändern sich im menschlichen Leben aber manchmal Dinge, die einen Schwur dann möglicherweise als falsch oder voreilig erscheinen lassen.

So ähnlich ist es Ihnen ja offenbar auch passiert. Weil Sie Ihren Schwur aber möglicherweise mit großem Ernst ausgesprochen haben, belastet er verständlicherweise nun Ihr Gewissen. Vielleicht hilft es Ihnen, sich noch einmal klar zu machen, was Sie bewogen hat, einen solchen Schwur auszusprechen und den dahinterstehenden Konflikt zu klären. Wenn Sie dabei Hilfe benötigen, können Sie sich zum Beispiel an die Telefonseelsorge wenden unter der kostenlosen Rufnummer 08001110111. Außerdem gibt es von der evangelischen Kirche in fast jeder größeren Stadt Beratungsangebote für Menschen in schwierigen Lebenslagen oder mit persönlichen Lebensfragen. Einen Überblick finden Sie hier.

Möglicherweise hilft es Ihnen auch, das, was Sie bedrückt, im Gebet vor Gott zu bringen. Ich bin sicher, Gott nimmt Ihr Anliegen bei sich auf, wie es in Psalm 103, 8-9  heißt: "Barmherzig und gnädig ist der Herr, geduldig und von großer Güte. Er wird nicht für immer hadern, noch ewig zornig bleiben". Darin drückt sich die Erfahrung aus: Gott ist da und verzeiht, auch wenn wir Menschen oft Fehler machen oder unüberlegte Dinge sagen oder tun.

Ich wünsche Ihnen alles Gute!

Herzliche Grüße, Ihre Anna Scholz

 

 

 

 

 

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