Werden wir bei der Auferstehung einen Leib haben?

Thomas Baumann

Liebe Frau Scholl,

ich denke, es ist höchste Zeit, das Auferstehungsthema umzudeuten, glaubt eh kaum noch jemand. Bei Ezechiel ist Auferstehung sicher metaphorisch gemeint, siehe Ez 37,11. Er sagte zu mir: Menschensohn, diese Gebeine sind das ganze Haus Israel. Jetzt sagt Israel: Ausgetrocknet sind unsere Gebeine, unsere Hoffnung ist untergegangen, wir sind verloren. (reale Gebeine pflegen keine Hoffnung mehr...).

Im N.T. sehe ich bzgl. Auferstehung Paulus contra Jesus: Paulus pocht vehement auf den Glauben an leibliche Auferstehung, Jesus sieht das anders. Im Gespräch mit den Sadduzäern sagt Jesus unmissverständlich (Matth. 22,30, Markus 12,25, Lukas.20,36 ), dass wir mit der Trennung vom Körper wieder engelsgleiche Wesen sind, und er fügt noch den bedeutenden Satz an: "Gott aber ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebendigen" Gott erweckt also kein abgestorbenes Fleisch zu neuem Leben.

ich denke, da sollte man langsam die Sichtweise ändern, und Jesus mehr glauben als Paulus, wir sind doch Christen und keine Paulaner. Jesus spricht auch von der Wiedergeburt (in einem anderen Leib). Man kann also durchaus die Kirche im Dorf lassen, diese - sinnvollere - Sichtweise lässt sich problemlos über das N.T. belegen.
Wie denken Sie darüber?
Gerne höre ich von Ihnen

L.G, Thomas Baumann

Lieber Herr Baumann,

 

vielen Dank für Ihre Frage, die Sie mit einer engagiert vorgetragenen Argumentation verbunden haben. Die Vorstellung einer leiblichen Auferstehung scheint Ihnen intellektuell nicht plausibel zu sein. Darüber hinaus finden Sie biblische Hinweise, welche Ihre These zu untermauern scheinen.

 

Zunächst mal ist gar nicht so leicht zu beantworten, wie Paulus sich das mit der Auferstehung und dem Leib vorstellt. In 1Kor 15,50 schreibt Paulus: „Das sage ich aber, liebe Brüder und Schwestern, dass Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht ererben können; auch wird das Verwesliche nicht ererben die Unverweslichkeit.“  So wie in der Vision des Ezechiel scheint Paulus sich das also auch nicht vorzustellen. Paulus zieht aber eben auch nicht die Konsequenz daraus, dass die Auferstehung leiblos ist. Er betont stattdessen die Verwandlung unseres Leibes.

 

Ich würde Ihnen nicht darin folgen, dass die Vorstellung einer Auferstehung des Leibes, notwendig falsch sein muss, bloß weil sie in dieser Präzision nicht in den Evangelien auftaucht. Wir haben es ja hier mit ganz unterschiedlichen Textgattungen zu tun. Die Evangelien sind Erzähltexte, während man Paulus im Grunde als den ersten Theologen bezeichnen könnte. Während die Evangelien also gar nicht den Anspruch haben das Erzählte zu erklären, ist es das Anliegen des Paulus, das, was er über Jesus weiß, zumindest im Ansatz in eine systematisierte Ordnung zu bringen.

Während die Evangelien schlicht von der Auferstehung Jesu erzählen, sieht Paulus sich vor die Aufgabe gestellt, sich Gedanken darüber zu machen, wie eine Auferstehung der Toten genau aussehen könnte.

 

Ich würde sagen, beides gehört zum Christentum: die Erzählungen und das Verstehen und Deuten dieser Erzählungen.  Daher würde ich Paulus in diesen Fragen jetzt nicht vorschnell für unwichtig erklären. Sie hielten offenbar ein authentisches Jesuswort für notwendig, um so etwas wie die Auferstehung des Leibes glauben zu können. Nun haben wir es aber vor allem bei Matthäus, Markus und Lukas mit einer Jesusgestalt zu tun, der offenbar während seines Lebens noch gar nicht die ganzen Geschehnisse um seine Person überblicken kann. Wieso bittet Jesus sonst bsw. in Mt 26,39, dass der Kelch an ihm vorübergehen solle? Das wäre nicht nötig, wenn er zu diesem Zeitpunkt schon die ganzen Einzelheiten über seine Auferstehung kennen würde und beschreiben könnte.

 

Wo die Evangelien vom Auferstandenen berichten, ist der Leib gar nicht so marginal, wie Sie es beschreiben. Interessant ist hier bsw. die Erzählung vom ungläubigen Thomas (Joh 20, 24-31). Als Thomas nicht glauben kann, dass Jesus auferstanden ist, lässt dieser ihn mit den Händen in seine Wundmale fassen. Der Leib spielt also hier eine ganz wichtige Rolle dafür, dass Thomas überhaupt einen Zugang dazu findet, dass Jesus von den Toten auferstanden ist.

 

Wie Sie vielleicht schon merken, habe ich durchaus gewisse Sympathien für eine Vorstellungen von einer leiblichen Auferstehung. Es ist ja nicht nur so, dass wir einen Körper haben, sondern wir sind leiblich in der Welt. An allem, was unser Leben ausmacht, ist in irgendeiner Form unser Körper beteiligt.

 

Wenn ich an Auferstehung denke, denke ich garnicht in erster Linie daran, dass etwas völlig Neues losgeht, so als würden wir alle in eine neue Dimension gebeamed, die dann der Himmel ist, sondern ich denke vor allem an die Ewigkeit. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Liebe Gottes zu uns Menschen sich nur von Geburt bis zum Tod erstreckt, sondern diese Liebe war von je her und sie wird auch nach dem Tod bestand haben. Insofern glaube ich, dass unser Leben hier auf der Welt eingebettet ist in dieses ewige Leben bei Gott.

 

Wenn ich mir also versuche vorzustellen, dass es eine irgendwie geartete Kontinuität gibt zwischen meinem ganz individuellen Leben in der Welt und einem Leben nach dem Tod, dann geht es mir so, dass ich garnicht umhin komme, als meinen Leib auch als Teil dieser Kontinuität zu sehen. Alles andere würde für mich bedeuten, dass ich garnicht ich selbst wäre in der Ewigkeit. Und für mich ist das ein ganz wesentliches Zentrum meiner christlichen Hoffnung: dass Gott sich meiner als unverwechselbares Individuum, das ich bin, angenommen hat und annimmt in diesem Leben und dass er davon auch im Tod nicht lässt.

 

Wie bei der Wiederbelebung der ausgetrockneten Knochen auf dem Totenfeld in der Vision des Ezechiel kann ich mir das ganze auch in der Tat nicht wirklich vorstellen. Um ehrlich zu sein, kann ich es mir gar nicht genau vorstellen, weil ich es ja noch nicht „erlebt“ habe. Der Theologe Andrew Doole hat vor Kurzem einen lesenswerten kleinen Text geschrieben. Er hat eine Glatze und in dem Text fragt er danach, ob er wohl im Himmel wieder einen Kamm brauche. Wenn Sie Lust haben, können Sie das Thema hier etwas weiter verfolgen:

 

https://chrismon.evangelisch.de/artikel/2020/49213/wie-passiert-mit-dem-koerper-bei-der-auferstehung

 

Ich nehme an, dass meine Antwort Einiges an Widerstand bei Ihnen erzeugt. Aber so ist das, wir sind nicht immer einer Meinung. Wahrscheinlich gilt das vor allem bei den wichtigen und letzten Fragen.

 

Herzliche Grüße

 

Katharina Scholl

Fragen zum Thema

Liebe Mona,  ich erinnere mich noch gut an meine eigene Geschichte mit dem…
Liebe*r Beat, das ist wirklich eine bedrückende Situation, in der Sie da sind. Eine…
Hallo Stella, Danke für Ihre Frage! Ja, ich finde es okay, am Sonntag Arbeiten zu…

Schlagworte