Ist die Aaronitische Segensformel bindend?

Regina Brandenburger
Pfarrer segnet
© Sandra Hirschke/fundus-medien.de

Wie Sie schon dargestellt haben, ist die Aaronitische Segensformel zur Standardformel in evangelischen Gottesdiensten geworden. Nun habe ich in Fernsehübertragungen festgestellt, dass diese Formel abgewandelt wurde:

Alternative 1:

„GOTT segne dich und behüte dich; Gott lasse i h r Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; Gott hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.“

Alternative 2:

„GOTT segne dich und behüte dich; Gott lasse i h r Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; Gott hebe i h r Angesicht über dich und gebe dir Frieden.“

Geht diese Abwandlung so einfach? Kann jede Gemeinde bei jedem Gottesdienst nach Gutdünken entscheiden, welches Geschlecht Gott haben soll? Steht der Text nicht fest?

Ich gebe zu, dass es längst überfällig ist, die maskuline Zuordnung von Gott zu überdenken, und als Frau müsste ich die feminine Zuordnung begrüßen. Aber mich beschleicht hier das ungute Gefühl, dass mit der femininen Zuordnung von Gott nur die Vorzeichen vertauscht werden und Gott im Geschlechterkampf instrumentalisiert wird.

Das ist im Zusammenhang mit Gott anmaßend und unwürdig. Gott steht weit über menschlichen Geschlechtern. Wenn überhaupt eine Änderung: die deutsche Sprache hat noch eine dritte Möglichkeit, das Neutrum. Das sollte in diesem Zusammenhang mal überdacht werden. Aber: wenn eine Änderung, dann bitte eine offizielle und bindende Änderung.

Zusammenfassende Frage: Ist die Aaronitische Segensformel bindend oder kann sie nach Gutdünken abgewandelt werden?

Liebe Frau Brandenburger,

viele Leute denken ähnlich wie Sie. Einerseits stört es, dass Gott immer wieder eindeutig männlich angesehen und angeredet wird, andererseits ist die schlichte Anrede als Frau wenig besser, denn auch dadurch wird Gott auf ein Geschlecht festgelegt, und das soll ja gerade vermieden werden. Darum gibt es eine lange Reihe von Versuchen, bekannte Texte aus dem Gottesdienst so umzuformulieren, dass sie möglichst geschlechtsneutral werden. Das gilt auch für den Aaronitischen Segen.

Im Grunde genommen ist die Formel bindend, allerdings sollte diese „Bindung“ vor allem dazu führen, nicht einen völlig anderen Segen zu sprechen. Es geht ja darum, Gott um Folgendes zu bitten: „Segne! Behüte! Lasse dein Gesicht gnädig leuchten! Schau uns an und schenke und Frieden!“ So lange das die Botschaft des Segens ist, halte ich die genauen Worte für nicht entscheidend. Schließlich sind sie ohnehin aus dem Hebräischen übersetzt.

Um niemanden in der Gemeinde über das (vielleicht sogar wechselnde) Geschlecht Gottes stolpern zu lassen, bevorzuge ich diese Version:

Gott segne dich und behüte dich!
Gott lasse das Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig!
Gott erhebe das Angesicht über dich und gebe dir Frieden!

Da fehlt zwar das Possessivpronomen, aber dass es sich um Gottes eigenes Angesicht handelt, sollte aus dem Zusammenhang deutlich werden. Wie gesagt: Das ist mein Favorit.

Herzliche Grüße!

Frank Muchlinsky

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