Geistesgaben, natürliche Gaben und Früchte des Geistes

anonym
Gaben
© coffeekai/iStockphoto/Getty Images

Lieber Herr Muchlinsky,

immer wieder mal beschäftigen mich diese Fragen:

1. Hat jeder Christ eine Geistesgabe?
2. Was ist der Unterschied zwischen Geistesgaben und natürlichen Gaben? Im Endeffekt kommen beide Gabenarten von Gott?
3. Ist Glaube (der normale Glaube an Gott) auch eine Gabe?
4. Wenn ich als Christ nichts von meiner Geistesgabe weiß und die dementsprechend nicht so nutze, wie es vlt Gott sich gedacht hat, komme ich dann in die Hölle weil ich die Gabe nicht genutzt habe und werde wie in Matthäus 3,10 ins Feuer geworfen?
5. Wenn ich die Früchte des Geistes nicht (immer) in Perfektion ausführe, komme ich dann nicht in den Himmel?

Danke für die schnelle Antwort.

Liebe Grüße

Liebe_r anoym

 

Danke für diese vielschichtige Frage. Ich will versuchen, den verschiedenen Aspekten auf die Spur zu kommen.

Christinnen und Christen sind durch die Taufe mit dem Heiligen Geist verbunden (Markus 1,8). Der Heilige Geist wirkt also in jedem Menschen. Und so fördert er ihn auch.

Paulus führt im Korintherbrief die Rede von den Geistesgaben ein, um die Vielfalt der Fähigkeiten in der Gemeinde zu würdigen. Damals entstand ein Konkurrenzdenken, wer wichtiger und besser ist. Paulus ging es darum zu zeigen, dass alle gleichwertig und gleich wichtig sind. Und alle Gaben sollen auf Christus hin führen und der Gemeinde dienen. Alle Gaben, die er aufführt, haben eine Funktion für das Leben in der Gemeinde, besonders im Gottesdienst. Darum redet Paulus von geistlichen Gaben. Die Fähigkeiten, die er benennt, sind aber auch im ganz normalen Alltagsleben wichtig und sinnvoll, vielleicht mit Ausnahme der sogenannten Zungenrede.

Geistesgaben sind also Fähigkeiten, die Gott einem Menschen mitgibt, so wie viele andere Begabungen auch, die Menschen mit sich tragen. Sie schreiben ja selbst, dass beide Gabenarten von Gott kommen.

Ich mache Ihnen Mut und Lust, bei sich zu entdecken, mit welcher Gabe Sie sich besonders einbringen können. Manchmal entdeckt man das am besten im Gespräch mit anderen.  

 

Ist der Glaube auch eine Geistesgabe? Ich bin mir nicht ganz sicher, was Sie genau mit dieser Frage verbinden. Jesus verspricht den Heiligen Geist als Tröster und Beistand. Er ist der, der die Verbindung zwischen Gott und Mensch lebendig hält. Also stärkt er den Glauben, er ist ein Geschenk Gottes, eine Gabe.

Sie schreiben, dass Sie sich fragen, was passiert, wenn man eine Geistesgabe nicht nutzt. Gerade beim Glauben sollte man nicht im Sinn von richtig oder falsch urteilen, oder sich fragen, ob man genug glaubt, und so eine Gabe auch richtig nutzt und einsetzt. Sie kennen vermutlich Zeiten in ihrem Leben, in denen es leichter ist zu glauben und andere, in denen das ziemlich anstrengend ist.

 

Sie fragen sich, was passiert, wenn man von seiner Begabung nichts weiß, oder sie nicht perfekt ausfüllt. Bei der Rede von Johannes im Matthäusevangelium, die Sie zitieren, kritisiert Johannes der Täufer seine Zuhörer viel grundsätzlicher. Menschen sollen sich nicht auf ihre formale Zugehörigkeit zu Gott verlassen. Er fordert von ihnen ein, sich für andere einzusetzen, korrekt zu handeln, die Missstände in der Gesellschaft zu beseitigen. Zu dieser Rede steht die Kirche ja bis auf den heutigen Tag. Wir sind durch den Glauben mit Gott verbunden und von ihm bedingungslos geliebt und das soll im Alltag sichtbar werden.

Das gelingt aber nicht immer. Und auch da kommt der Geist wieder ins Spiel. Paulus schreibt im Römerbrief (Röm 8,26), dass der Geist unserer Schwachheit aufhilft. Als Christinnen und Christen wissen wir um die Begrenztheit der eigenen Fähigkeiten. Wenn alle perfekt wären, hätte es eine Erlösung durch Jesus Christus nicht gebraucht. Die Sorge, nicht in den Himmel zu kommen, weil Sie nicht perfekt handeln, brauchen Sie sich daher nicht zu haben. Sie können auf Gottes Vergebung trauen.

 

Ich wünsche Ihnen, dass Sie neugierig bleiben und fröhlich entdecken können, welche Gaben Gott in Sie hinein gelegt hat.

Ihr Sebastian Wolfrum

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