Mit AFD-Mitgliedern reden - ja oder nein? Wenn ja: wie?

Christina
Hallo, im nächsten Frühjahr steht bei uns die Kommunalwahl und Bürgermeisterwahl an. Die AFD ist zunehmend stark vertreten , und meldet sich lautstark zu Wort. Es heißt die AFD sei in Teilen rechtsextrem - wie eine Partei "in Teilen rechtsextrem" sein kann, erschließt sich mir nicht. Für mich ist sie rechtsextrem. Eigentlich will ich mit dieser Partei, wofür sie steht und deren Positionen nichts zu tun haben. Nun sind diese Menschen aber da - und es stellt sich mir die Frage: wie mit ihnen umgehen? Wie als Christin mit ihnen sprechen? Macht es überhaupt Sinn mit ihnen zu sprechen? Sollte ein Gespräch angestrebt werden? Woran kann ich mich orientieren? Ich habe das Gefühl, dass ein Dialog, ein Gespräch, ein Austausch gar nicht möglich ist..... Eine Plattform will ich Menschen, die anderen Menschen ihre Würde und ihren Wert absprechen, nicht geben. Und diese Positionen und die Haltung der AFD -Parteimitglieder und Sympathisanten macht mich auch so wütend! Wie kann ich da innerlich (und äußerlich) ruhig und gelassen bleiben? Ich hoffe Sie können mir Hinweise geben, vielleicht Hilfestellungen?

Liebe Christina,

vielen Dank für Ihre Frage. Ich finde es bewundernswert, dass Sie das Bedürfnis haben, mit den Menschen zu sprechen, die für die AfD in ihrem Ort in den Wahlpampf ziehen.   Mein Respekt ist besonders groß, weil Sie bereit sind, mit Menschen in ein Gespräch einzutreten, deren rechtsextreme Überzeugungen Sie ablehnen. Also: Wie können Sie extremistisch gesonnenen Menschen begegnen, deren öffentlich zur Schau getragene Überzeugung Sie nicht teilen möchten und auch kein gegenseitiges Entgegenkommen erkennen können? Wenn es im Dickicht menschenverachtender Parolen wirklich keinen Kompromiss mehr geben kann, was dann? So fasst die Ratsvorsitzende des Rates der EKD Bischöfin Kirsten Fehrs es in ihre Worte: "Wir sehen uns einer Partei gegenüber, die die Würde bestimmter menschlicher Gruppen längst schon für antastbar erklärt und sich damit außerhalb der Grundlagen unseres Grundgesetzes stellt, insbesondere seines ersten Artikels. Eine Partei, die im Bundestag durch Pöbeleien und Abwertungen auffällt." Und dann machen Sie es noch komplexer: Sie handeln als Christin, das soll dann sicherlich auch für die Extremisten erkennbar sein. 

Ich möchte Sie nicht entmutigen und doch: Dickere Bretter kann man nicht bohren wollen. Toll, dass Sie nicht entmutigt sind. Ich habe drei Tipps: 

  1. Bitte lesen Sie einmal Matthäus 25,31-46, dann wissen Sie, warum wir als Christinnen und Christen alle menschenfeindlichen, verächtlich machenden Parolen ablehnen.
  2. Bitten Sie Menschen aus Ihrer Kirchengemeinde - auch aus den Schwesterkirchen der anderen Konfessionen - mit Ihnen gemeinsam solche Gespräche zu eröffnen. Ich bin mir sicher, dass evangelische, katholische und freikirchliche Mitchrist:Innen genauso unter dieser Situation in Ihrem Ort leiden und Dialoge führen wollen, wie Sie. Treten Sie gemeinsam auf und suchen als Gruppe den Dialog. Dann sind Sie nicht einsam mit Ihren Worten und Überzeugungen. Man ist schnell einsam im Meer der lauten und krass simplen Sätzen, die einem entgegenklingen.
  3. Die EKD hat gemeinsam mit der Diakonie Deutschland die Initiative Verständigungsorte ins Leben gerufen. Vielleicht ist diese Bewegung schon bei Ihnen im Ort angekommen. Vielleicht finden Sie Menschen, die mit Ihnen gemeinsam einen Verständigungsort mit Leben füllen möchten. Die Ratschläge, die hier als Tipps gegeben werden, sind in jedem Fall sehr hilfreich. Ich habe diese Liste mit den Ratschlägen für Sie hier abgelegt: Tipps für Verständigung.  Übrigens passen diese Tipps auch dann, wenn Sie keinen solchen Verständigungsort ins Leben rufen können.

Ich denke Sie sind mit Ihrer Feststellung, dass Sie Menschen, die anderen Menschen ihre Würde und ihren Wert absprechen, keine Plattform geben wollen schon einige Schritte weiter, als Sie denken. Jetzt gilt es Menschen zu finden, die es ähnlich sehen, wie Sie. 

Ich wünsche Ihnen Kraft, Liebe und Besonnenheit und Menschen an die Seite, mit denen Sie Ihre Kraft vervielfältigen können.

Einen gesegneten Advent wünsche Ich Ihnen, Ihr Henning Kiene 

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