Lieber Herr Pastor Muchlinsky,
meine Tochter hat geheiratet. Hier ein Blitzlichtmoment von der kirchlichen Trauung:
Pfarrer:
Liebes “Klick!”-”Klickklick”-zeitspaar. Wir haben “Klickklickklicckkkkk” -mmelt, um mit (Reisverschluß der Fototasche auf)Raaahaaaaaaaaaaaaaaaaaaatsch” diesen Tag zu feiern. “Klick”.
Knarz - Knirsch - Knarz - Knisch - rauf zur Kanzel -BlitzBlitzBlitz.....Knarz - Knirsch - Knarz runter zum Alter. Dann der Höhepunkt: Der Ringwechsel. Dieser Moment gehörte ganz der Fotografin (bepackt mit großem Rucksack und kleiner Umhängetasche).
Ehrlich gesagt: Dieses klackernde Blitzlichtgewitter ist für mich persönlich ein rotes Tuch und keine Erleuchtung! Jedoch: Weder die Gäste noch das Brautpaar haben sich daran gestört. Ganz im Gegenteil, alle haben gesagt "Das gibt ganz bestimmt tolle Momentaufnahmen!" Unser Pfarrer hat währenddessen ganz relaxt Kaugummi gekaut.
Bin ich möglicherweise intolerant und zugeknöpft? Weitere Frage: Ist eine kirchliche evangelische Trauung, die große turnerische Show des Fotographen? Wenn dieser auf dem Bauch im Mittelgang der Kirche liegt, und die Funken überspringen, hat das dann mit Fingerspitzengefühl zu tun oder das er nicht auffallen will? Noch eine Frage: Sind die Schusspositionen bei den Standorten "Kanzel, Ambo, und mitten im Brautpaar" grenzwertig? Ich meine, aus evangelischer Perspektive?
Liebe Brautmutter,
zunächst einmal: Herzlichen Glückwunsch zur Hochzeit Ihrer Tochter!
Tja, was soll ich sagen? Vielleicht erst einmal: Danke für die wirklich amüsante Beschreibung dieser (nicht so amüsanten) Begebenheit! Ich hab solche Situationen auch schon erleben müssen – auch gern bei Taufen, und es hat mich immer wieder geärgert, dass die Leute – selbst wenn von den Pastorinnen gesagt wurde, es solle nicht fotografiert werden – es einfach nicht sein lassen konnte. Es scheint fast so, als gälte der reale Augenblick nichts mehr, stattdessen kommt es darauf an, sich das Geschehen später wieder vor Augen führen zu können. Schade! Und auf jeden Fall störend.
Wer wie Sie sich dadurch gestört fühlt, hat meine volle Sympathie. Es gilt bei einer Trauung der Augenblick, nicht die Retrospektive. Das Problem ist wie in so manchen anderen Situationen auch, dass sich diejenigen, die sich gestört fühlen, nicht trauen, das zu sagen – eben weil sie so erzogen sind.
Trotzdem und nichtsdestoweniger noch einmal: Herzlichen Glückwunsch!
Ihr Frank Muchlinsky