Eine grundsätzliche Frage. Die Wissenschaft schreitet rasch fort. Wir wissen inzwischen, dass es im Weltall Abertausende von Himmelskörpern gibt mit physikalischen Bedingungen, die Leben erlauben.
Früher war es noch eine Spinnerei, wenn man nach Aliens gefragt hat. Aber das rückt immer näher.
Inzwischen gilt außerirdisches Leben als eher wahrscheinlich.
Können Aliens Christ werden?
Wenn ja, können sie Pfarrer werden?
Was sagt unsere geistige Führung dazu?
Lieber Herr Loohuis,
eine generelle Frage wie Ihre hat eine detaillierte Antwort verdient. Zunäcsht aber braucht es eine kleine klärende Vorbemerkung: „Unsere geistige Führung“ gibt es zum Glück nicht. Was sollte das auch sein? Ein Führer, der unseren Geist leitet? Eine Intelligenz, die uns vorschreibt, was wir denken? Ich nehme an, dass Sie nach der Meinung eines leitenden geistlichen Gremiums fragen wollten. Aber ein entsprechendes Dokument gibt es noch nicht. Ich kann Ihnen also lediglich meine Ansicht als Theologe ohne Führungsanspruch darlegen.
Theologisch gesehen finde ich keine Einwände dagegen, dass Aliens – vorausgesetzt, es sollte trotz der unendlichen Weiten des Weltraums tatsächlich einmal zu einem direkten Kontakt zwischen ihnen und einem Christenmenschen kommen – sich taufen lassen könnten. Das Christentum versteht Gott als den „Schöpfer des Himmels und der Erde“, auch wenn sich die Vorstellung davon, was der Himmel ist, sehr gewandelt hat.
Der Auftrag Jesu an seine Jünger:innen lautete: „Darum gehet hin und lehret alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes!“ (Matthäus 28,19) „Alle Völker“ meint ja durchaus auch Regionen, die den Menschen in Jerusalem zurzeit Jesu noch nicht bekannt waren. Also kann es durchaus auch Regionen meinen, die uns heute noch fremd sind, weil sie nicht auf unserem Planeten liegen.
Voraussetzung für eine Taufe ist, dass man weiß, worauf man sich einlässt, und dass man selbst sagt, dass man es will. (Zwischenbemerkung: Da die ersten Außerirdischen, die man taufen würde, keine christlichen Eltern hätten, die stellvertretend „Ja“ zu der Taufe sagen könnten, würde eine Kindertaufe zunächst nicht infrage kommen.) Wenn also diese Voraussetzungen erfüllt sind, sollte einer Taufe von extraterrestrischen Wesen nichts entgegenstehen.
Dasselbe gilt auch für angehende außerirdische Pfarrwesen. Wer getauft ist, kann grundsätzlich auch beauftragt werden, selbst das Evangelium von Jesus Christus zu verkündigen und die Sakramente zu verwalten. Es wäre auch logisch und ratsam, denn wer aus einer anderen Welt kommt, kennt sich dort logischerweise besser aus als wir und ist bestimmt entsprechend besser für das Amt geeignet als jemand, der sich erst alles aneignen muss.
Der Vollständigkeit halber will ich noch erwähnen, dass es im Laufe der Kirchengeschichte zu ganz anderen als meinen Überlegungen kam. Bevor die europäischen Missionare in die „Neue Welt“ gingen, mussten sie zunächst „entscheiden“, ob es sich bei den dort Lebenden überhaupt um Menschen handelte, weil man eben nur Menschen taufen könne. Auch fragte man sich, ob die dort wohnenden Menschen nicht eigentlich noch im Paradies leben würden. In diesem Fall würden sie die Taufe nicht brauchen, weil der Mensch im Paradies ja frei von er Erbsünde war.
Wenn man diesem Gedanken folgt, wird man sich auch bei extraterrestrischen Wesen fragen müssen: Brauchen sie überhaupt das Christentum? Oder leben sie vielleicht in einer Weise, in der sie vollkommen ohne Sünde sind? Ähneln sie vielleicht eher den Engeln, die laut kirchlicher Lehre auch nicht getauft werden? Fragen über Fragen. Wir werden sehen oder auch nicht.
Herzliche Grüße!
Frank Muchlinsky