Zur Kirchengemeinderatswahl im Dezember 2013 gibt es in Baden-Württemberg auf den Kirchengemeindeseiten eine online-Umfrage mit dem Titel: Wie viel Demokratie braucht Kirche? Dann werden 4 Antworten "eingeflüstert", die man ankreuzen kann. Antwort 4 lautet so: Kirche braucht mehr demokratische Elemente. Gemeindemitglieder sollten auch bei der Pfarrerwahl mitbestimmen dürfen. Tatsache ist doch, dass bereits die Laien aus dem Kirchengemeinderat sozusagen als "Arbeitgeber" diverse Bewerbungsgespräche führen und sich dann einen Pfarrer/in aussuchen und einstellen oder eben eine Absage erteilen. Irgendwie witzig, diese Vorgehensweise: Ungelernte Hilfsarbeiter stellen die Fachkraft, besser gesagt den Amtsträger ein! Frage: Lässt Kirche Ihre Pfarrer hängen? Und wird es aufgrund der angestrebten "Herrschaft des Volkes" bald viele arbeitslose Pfarrer/innen geben? Bisher dachte ich immer, dass das kirchliche Amt ein geistliches Amt ist, dessen Vollmacht in der Sendung durch Christus gründet. Wird nun künftig das Volk die Kirche regieren?
Liebe „Gästin“,
wenn ich Sie richtig verstehe, fragen Sie nicht nach dem grundsätzlichen Verhältnis von politischer Demokratie und Kirche, sondern danach, wie in der Kirche Mitglieder an Entscheidungen partizipieren. Ihre Frage stellt sich im Kontext der Kirchgemeinderatswahlen, die in der Evangelischen Kirche in Württemberg am 1. Advent anstehen. Ohne die von Ihnen erwähnte Umfrage zu kennen, vermute ich, dass sie zum Nachdenken anregen will, welchen Grad von Verantwortlichkeit Ehrenamtliche als Kirchgemeinderäte haben bzw. haben sollen. Dass diese Verantwortung unter Umständen sehr weit reichen kann, lässt sich am Beispiel von Personalentscheidungen besonders deutlich zeigen. Wie die Kirchen konkret ihre Einstellungsverfahren für Pfarrerinnen und Pfarrern regeln, ist von Landeskirche zu Landeskirche unterschiedlich. Um entsprechende Gesetze zu ändern, bedarf es meist landessynodaler 2/3-Mehrheiten, da diese Regelungen ja grundlegend in die Personalsteuerung der Kirchen eingreift. Was die Situation vor Ort angeht, liegt ein Mitsprache- bzw. Vetorecht der Kirchgemeinderäte vor allem darin begründet, dass gemeindeleitendes Gremium und Pfarrperson ja möglichst konstruktiv zusammenarbeiten sollten. Und da ist es gut, sich füreinander entschieden zu haben! Diese Entscheidungen betreffen allerdings nicht – wie Ihre Befürchtung ist – den Inhalt des pfarramtlichen Dienstes: Das deutschlandweit geltende Pfarrdienstrecht regelt, dass Pfarrerinnen und Pfarrer darin ausschließlich an ihre Ordination und das geltende Kirchenrecht gebunden sind (PfDG.EKD §24, http://www.kirchenrecht-ekkw.de/showdocument/id/21926#s47000170). Diese besondere Art des Zusammenwirkens von gemeindlichem Leitungsgremium aus Laien und dem ordinierten Amt in einer Dienstgemeinschaft ist darin begründet, dass beide sich in ihrem Handeln auf Jesus Christus als den Herrn der Kirche bezogen wissen.
Viele Grüße