Liebe Frau Bauer-Banzhaf,
ich weiß nicht mehr weiter: Ich bin seit 8 Jahren glücklich verheiratet -
wenn da nur nicht meine Schwiegermutter wäre. Am Anfang war die Beziehung zu
ihr nur etwas „kühl“. Aber dann tauchten immer mehr Probleme und
Streitpunkte auf: Es ging um Erziehungsfragen bei unseren beiden kleinen
Kindern, Zukunftsplanung (ich will bspw. nicht aufs Land ziehen), aber auch
um Sachen wie die Gestaltung von Familienfeiern oder Weihnachtsgeschenke.
Ständig geraten wir aneinander und sie vermittelt mir irgendwie, dass ich
nicht gut genug für ihren Sohn bin. Mein Mann versucht, sich immer
rauszuhalten, er will auf keinen Fall Streit mit seiner Mutter. Ich bin aber
mittlerweile soweit, dass ich ihn am liebsten vor die Entscheidung stellen
würde: „Sie oder ich!“. Was würden Sie mir raten?
Liebe Vanessa,
vielen Dank für Ihr Vertrauen! Sie sitzen zwischen den Stühlen und wissen nicht weiter. Diese Situation ist unhaltbar für alle Beteiligten.
Was ich aus Ihren Zeilen nicht entnehmen kann: wohnt Ihre Schwiegermutter bei Ihnen? Wenn ja, verschärft das die Lage und Sie sind zu bewundern, weil sie diese Konstellation schon so lange aushalten. Wenn sie nicht bei Ihnen lebt, entzerrt sich das Ganze ein wenig, denn Sie haben wenigstens räumlichen Abstand.
Ihre Schwiegermutter kämpft mit ihren Mitteln um Ihre Aufmerksamkeit, Beachtung und Bestätigung. Leider stehen ihr dazu wohl keine geeigneten Mittel zur Verfügung, um es mal vorsichtig auszudrücken. Sie hat offensichtlich nicht gelernt, über ihre Gefühle und Bedürfnisse zu sprechen, Bitten zu formulieren, von sich aus konstruktive Vorschläge zu machen, wie so viele in der Generation vor uns. Wo sollen sie es auch gelernt haben? Dementsprechend kommen von älter gewordenen Eltern häufig entweder Forderungen, Einmischung oder demonstrativer Rückzug, Drohungen, die Fokussierung auf Krankheiten.
Sie wählt Ihrer Beschreibung nach die Einmischung und möchte dominieren, sich ihren Platz in der Familie ertrotzen. Wenn wir genauer hinschauen sehen wir allerdings: sie ist auf der Suche nach Nähe, Wertschätzung, Verbundenheit.
Der erste Schritt: Sie brauchen Ihren Mann im Boot. Sie schreiben, er halte sich aus allem heraus. Aus welchem Grund? Ist die Verbindung zu seiner Mutter so eng und er will sie nicht verletzen? Oder nimmt er aus Bequemlichkeit und Angst vor Stress einfach nicht Stellung zu den Problemen in der Familie? Die Gründe können vielfältig sein, entscheidend ist: er sollte lernen, sich den Herausforderungen zu stellen, sonst verlieren Sie den Respekt vor ihm und Ihre Ehe ist ernsthaft in Gefahr. Fehlt der Respekt, geht die Liebe schnell verloren. Jedes Ehepaar kann und darf an den Problemen gemeinsam wachsen, wenn beide die Bereitschaft dazu mitbringen. Er kann also nur gewinnen, wenn er endlich über seinen Schatten springt.
Reden Sie mit ihm offen, klar und liebevoll. Wenn ihm Ihre Ehe wichtig ist, sollte er Ihre Nöte ernst nehmen. Beschreiben Sie Ihre Ohnmacht und Ihre Hilflosigkeit bezüglich seiner Mutter. Machen Sie ihm klar, dass Sie die Seite seiner Mutter verstehen, aber Distanz brauchen. Und Respekt, sowohl von ihm als auch von ihr. Lassen Sie alle Vorwürfe (davon hat er sicher schon genug gehört...) und sprechen Sie nur über Ihre Wünsche und die positiven Resultate, die Sie sich für Ihre Ehe und die ganze Familie erhoffen.
Danach sollten Sie beide in Ruhe mit Ihrer Schwiegermutter reden und ihr den Platz in der Familie deutlich beschreiben, den sie einnehmen soll. Sagen Sie ihr, was Sie an ihr schätzen, womit sie Sie unterstützen kann. Erklären Sie ihr, dass Sie ein gutes Verhältnis wollen und verstehen, dass sie Teil haben möchte an Ihrer aller Leben.
Sie wird sich nicht im Handumdrehen ändern können. Das braucht Zeit und viel Geduld, auf beiden Seiten. Wenn Ihre Schwiegermutter aber merkt, dass auch sie ein Platz im Familienboot hat, gewinnt sie vielleicht an Sicherheit und kann allmählich den Kampf (los-) lassen. Sagen Sie ihr beide (!) klar und respektvoll, was Sie sich von Ihr wünschen und welche positiven Konsequenzen ein verändertes Verhalten für alle hat.
Vielleicht verabreden Sie ein Stichwort, dass die Grenze ausdrückt, über die Frau Mama tritt, wenn Sie wieder versucht, Ihnen ihre gut gemeinten Ratschläge auf`s Auge zu drücken. Nehmen Sie ein positiv besetztes Wort wie „Sonnenschein“ oder einen Satz wie „Bitte denk an unsere Verabredung.“ Und bedanken Sie sich ausdrücklich, wenn Ihre Schwiegermutter ein entspanntes Gespräch mit Ihnen führt. „So wünsche ich mir das, danke für deine Rücksicht.“
Liebe Vanessa, ich wünsche Ihnen Kraft, die richtigen Worte und gute Gespräche. Für Sie, Ihren Mann, Ihre Kinder und Ihren Schwiegertiger.
In Verbundenheit
Ihre Heike Bauer- Banzhaf