Hallo liebes Evangelisch-Team,
ich habe gerade viele Fragen und keiner kann mir helfen. Muss der wiedergeborene Messias aus der Davidblutlinie stammen? Kann ein Nephilim die Rolle des Messias übernehmen? Ich habe gelesen, die Davidblutlinie sei ausgestorben, heißt das der wiedergeborene Messias nicht erscheinen kann? Kann ein normaler Mensch ein Engel oder Erzengel sein? Kann ein gefallener Engel wieder ein Engel werden? Oder Erzengel? Haben Nephilim einen freien Willen? Haben Engel und Erzengel einen freien Willen? Sind Nephilim böse oder gut? Stimmt es, dass Nephilim Dämonen bekämpfen können? Ab wann wird ein Nephilim böse oder gut? Ich habe noch mehr Fragen, aber ich bin sehr müde. Ich hoffe, Sie können mir helfen? Ich komme mit meinen Recherchen nicht mehr weiter. Ich brauche jetzt Expertenmeinungen. Bitte es ist sehr wichtig.
Lieber Sucher,
lange habe ich mich gefragt, wie du auf deine Fragen kommst. Die in der Bibel erwähnten Nephilim haben weder etwas mit der Hoffnung auf den Messias zu tun, noch kämpfen sie gegen Dämonen. Selbst ob sie gut oder böse waren, spielt für die Bibel keine Rolle. Die einzigen zwei Stellen, an denen die Nephilim erwähnt werden, sind 1.Mose 6,4 und 4.Mose 13,33.
In 1.Mose 6,4 geht es (kurz bevor die Sintflut erzählt wird) um Ehen zwischen Gottessöhnen (Engeln) und Menschenfrauen. Aus denen entstehen riesenhafte Gestalten Nephilim.
Zu dieser Zeit, wie auch später, lebten auf der Erde noch Riesen (Nephilim). Sie entstammten der Verbindung der Gottessöhne (Engel) mit den Töchtern der Menschen.
In 4.Mose 13,33 geht es um Kundschafter des Volkes Israel, die das von Gott verheißene Land ausgespäht haben und aus Furcht anschließend die Geschichte erzählen, dort würden Riesen (Nephilim) leben.
(Die Kundschafter sagten:) "Es gibt dort sogar Anakiter – das sind Riesen (Nephilim), die von Riesen (Nephilim) abstammen. In ihren Augen sind wir so klein wie Heuschrecken, und genauso haben wir uns auch gefühlt."
Das Einzige also, was in deinen Vermutungen mit der Bibel übereinstimmt, ist die Verbindung zwischen Engeln und Nephilim. Zum Glück habe ich einen sehr guten Artikel über die Nephilim im Wissenschaftlichen Bibellexikon (WiBiLex) gefunden. Hier habe ich auch entdeckt, woher deine Vermutungen stammen. Markus Risch schreibt in seinem Artikel zum Stichwort Nephilim: "An dieser Stelle ist auf den aktuell besonders bei Jugendlichen beliebten Fantasy-Zyklus „Chroniken der Unterwelt“ der amerikanischen Autorin Cassandra Clare zu verweisen. Wenn auch die Rezeption der Nephilim als Schattenjäger, die Dämonen bekämpfen, auf eine sehr rudimentäre Rezeption der biblischen Vorlage hinweist, so ist doch zumindest die Existenz dieser Wesen als „Halbblüter“ (teils Engel, teils Mensch) eine interessante Reminiszenz an Gen 6,1-4."
Mit anderen Worten: Die Autorin des Fantasy-Reihe "Chroniken der Unterwelt", Cassandra Clare, hat einen Vers der Bibel genommen und daraus mithilfe ihrer Phantasie eine große Geschichte gemacht. So vorzugehen, ist für Autor:innen von Fantasy-Literatur eine gängige Praxis. Einige biblische Themen und kurzen Geschichten sind heute wenig verständlich und es scheint, als stünde noch viel mehr dahinter, als das, was der biblische Text sagt. Je mysteriöser solche Bibelstellen sind, desto mehr laden sie dazu ein, der eigenen Phantasie freien Lauf zu lassen und fantastische Geschichten daraus zu entwickeln. Und die Geschichte von den Engeln, die mit Menschenfrauen schlafen und auf diese Weise Riesen zeugen, ist ausgesprochen mysteriös. Es haben sich auch viele Forschende daran gemacht, Licht in diese Geschichte zu bringen, aber letztlich ist das meiste Spekulation.
Tu dir etwas Gutes und lese den Artikel von Markus Risch! Er ist der Experte, den Du brauchst, und er erläutert, welche verschiedenen Spekulationen sich noch um die Nephilim ranken. Letzten Endes aber sind sie lediglich eine Notiz in der Bibel, deren Bedeutung wir heute nicht mehr genau nachvollziehen können. Und – wie gesehen – sind sie ein schöner Anlass, eine ganze Romanreihe zu schreiben und damit einen Haufen Geld zu verdienen.
Herzliche Grüße!
Frank Muchlinsky