Wie wichtig ist es für die evangelische Kirche eigentlich, dass man an diese imaginäre Gottesperson glaubt? Und wie bewerten Sie die Entscheidung, keinen Religionsunterricht mehr zu haben? Ich bezeichne mich selber aktuell als Atheistin, bin momentan aber unschlüssig, inwiefern das richtig ist. Ich würde zwar nie getauft, war aber in einem evangelischen Kindergarten. Also habe ich schon vor der Schule die Grundzüge kennengelernt. Später im Religionsuntericht war ich dann auch immer sehr gut, weil ich mir einfach gut vorstellen könnte, was von mir erwartet wird. Unbewusst habe ich irgendwie zu jeder Geschichte immer die richtigen Worte gefunden. Ich kann mir nicht erklären, wie ich schon in der Grundschule auf Begriffe wie Tohubawo gekommen bin, aber jedenfalls bekam ich durchgehend die Note sehr gut auf dem Zeugnis. Andererseits war ich trotzdem die erste, die sich immer über die wirkliche Existenz eines Gottes lustig gemacht hat. Ich bezweifle einfach, dass es irgendeine mächtige Person gibt, von welcher Konfession auch immer, die ein oftmals so unmenschliches Verhalten sowohl der Natur als auch anderen Lebewesen gegenüber tolerieren würde. Ich habe für die Oberstufe jetzt Religion abgewählt und stattdessen Philosophie gewählt. Das heißt aus ethischer und moralischer Sicht stehe ich hinter dem Christentum, allerdings nicht aus historisch, wissenschaftlicher Sicht. Aber im Grunde kommt es ja auf die Wertevermittlung an. Ich hab den Konformationsunterricht nach 1,5 Jahren irgendwann spontan abgebrochen, weil meine Leistung in einem Fach sehr schlecht war & ich mich lieber darauf fokussiert habe. Zeitlich gab es nur entweder Schule oder zusätzlicher Religionsunterricht. Ich hab mich damals nie abgemeldet, sondern bin einfach nie wieder dort erschienen. Daran erkennt man also wahrscheinlich schon, dass mir meine Bildung irgendwo wichtiger ist, als ein unklarer Glaube, dem ich nicht ganz vertraue. Ich frage mich aber jetzt, ganz irrelevant, ob ich an die Existenz eines Gottes glaube oder nicht, ob es für mein Abitur richtig war, Philosophie zu wählen.. Das es nicht in Ordnung war, mich von meinem Konformationsunterricht nie abzumelden, steht natürlich außer Frage. Philosophie wird anders als evangelische Religion leider nicht im Abitur angeboten, weshalb mir in dem Fach sozusagen eine Wahl wegfällt. Andererseits finde ich es auch nicht in Ordnung, im Religionsunterricht sehr gut zu sein, weil ich verstehe was erwartet wird & den Inhalt gut interpretieren kann. Den Konformationsunterricht habe ich zwar hauptsächlich aus schulischer Sicht aufgehört, aber trotzdem auch aus ethischer Sicht: es ist nicht richtig, die Menschen für Geld zu belügen. Das ist einfach ein falscher Ansatz. Einerseits will ich mir für mein Abitur möglichst viele Möglichkeiten offen halten, anderseits aber ehrlich bleiben. Ich glaube nicht an irgendwelche abstrusen Gebete oder eine imaginäre Person, lediglich an die Grundsätze und Wertevermittlung. Ich stimme also den Aussagen des Glaubens zu, weniger aber dem Glauben selber. Irgendwo ist der evangelische Glauben aber eine Tradition, da meine Familie mütterlicherseits ferner katholisch, aber näher evangelisch ist. Mein Großvater starb zwar vorr 25 Jahren, aber er war ev. Religionslehrer. Weshalb auch de Vornamen meiner Mutter sowie meiner Tante, sowie mein zweiter Name jeweils eine Form von Maria sind. Mein Vater dagegen war ehemals evangelisch und ist aber aus den gleichen Gründen, warum ich nicht an eine Existenz eines Gittes glaube, ausgetreten. Ich hoffe, dass Sie dazu irgendeine Antwort haben, ohne dass sie mich groß beeinflussen zu versuchen.
Liebe Marie, Danke dafür, dass Du all hier Deine Gedanken und Überlegungen geteilt hast. Ich empfinde Dich als eine sehr weise und reflektierte junge Frau.
Meine Meinung zum Religionsunterricht ist der: Man muss keine bekennende Christin sein, um ihn zu besuchen. Als Religionslehrerin finde ich es sehr, sehr bereichernd, kritische Geister unter den Schülerinnen und Schülern zu haben.
"Philosophie" ist sicherlich auch ein sehr interessantes Fach. Das übrigens auch sehr spirituell sein kann!
Meiner Meinung nach kannst Du also durchaus am RU teilnehmen, auch wenn Du nicht gläubig bist. Ich selbst finde das sehr legitim.
Gutes Weiter-Überlegen an dem Thema, wünsche ich Dir! Die Entscheidung liegt bei Dir. Gottes Segen.
Sei behütet!
Alles Liebe, Deine Sabine Löw