Guten Abend,
Mein Lebensgefährte und ich werden im nächsten Jahr kirchlich heiraten. Er ist evangelisch und ich bin neuapostolisch. Bei einer ersten Kontaktaufnahme mit der Kirche, wurde meine Religion nicht als Religion bezeichnet. Ich selber bin nur da hinein geboren. Außerdem wurde die Religion bei uns nicht so extrem gelebt. Ich bin zwar zur Konfirmation gegangen, jedoch war es mir überlassen, wie sehr ich mich engagiere.
Ich habe auch den Wunsch geäußert evangelisch zu heiraten, da auch unsere zukünftigen Kinder evangelisch getauft würden.
Ich frage mich nun, ob ich, wenn ich gefragt werde, den Evangelischen Glauben annehmen "muss".
Ich bin etwas unsicher und mache mir viele Gedanken. Meine Religion hat in meiner Jugend viele Fragen von anderen aufgeworfen. Das war immer mal lästig, aber ich kam damit klar. Meinen Kindern wünsche ich jedoch den evangelischen Glauben. Durch meinen Mann, seine Familie und meine Mutter, die auch vorher evangelisch war, bekomme ich viel Zuspruch.
Meine Religion besteht nur noch auf dem Papier. Ist es schlimm, wenn ich trotz der Verbundenheit zum evangelischen Glauben und der mangelnden Verbundenheit zur neuapostolischen Kirche, nicht zum evangelischen konvertiere?
Oder wäre der Pfarrer sauer auf mich?
Es tut mir Leid so viel geschrieben zu haben.
Vielen Dank für ihre Zeit.
Liebe Frau Stab,
zu allererst: Herzlichen Glückwunsch, dass Sie heiraten werden! Es gibt grundsätzlich die Möglichkeit, dass jemand, der Mitglied der evangelischen Kirche ist sich auch kirchlich trauen lässt, egal wer der Partner ist. Wenn also ihr Mann in der evangelischen Kirche ist, brauchen Sie nicht einzutreten, nur damit Sie kirchlich heiraten oder Ihre Kinder taufen lassen können.
Die Kirche, der Sie angehören, gehört tatsächlich nicht zu der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen, was auch daran liegt, dass die Neuapostolische Kirche Ihrerseits anderen Christen die volle Gotteskindschaft abspricht. Auch die starke Betonung des gegenwärtigen Apostelamtes ist für evangelische Christen schwer nachvollziehbar. Dennoch gibt es durchaus ökumenische Beziehungen zwischen den evangelischen Kirchen und der neuapostolischen. Man ist einander recht nah, auch wenn es immer wieder Menschen gibt die den Dialog eher hemmen. Auch wenn es offiziell keine gemeinsamen Gottesdienste gibt, so dürfen doch Mitglieder der NAK an evangelischen Gottesdiensten teilnehmen und umgekehrt.
Ich kann mir vorstellen, dass der Kollege Sie beim Traugespräch fragen wird, ob Sie nicht – wo Sie doch keine rechte Beziehung mehr zu ihrer Kirche haben – konvertieren wollen. Wenn Sie ihm aber sagen, was Sie mir geschrieben haben, bin ich sicher, dass er nicht "sauer" sein wird.
Schreiben Sie gern wieder – auch gern viel, wenn Sie mögen.
Herzliche Grüße
Frank Muchlinsky